Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2012
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Öko-Fimmel

Bild -  Öko-Fimmel
Es ist nicht leicht gut zu sein in dieser Welt (und eine andere gibt es nun mal nicht) und es ist auch nicht leicht Gutes zu tun. Diese Grundproblematik menschlichen Seins habe ich an dieser Stelle schon einige Male behandelt. Nun ist auch noch das Gutsein und Guttun in seiner einfachsten Form in Verruf geraten.

Dass es eine gute Sache ist die Umwelt zu beschützen und zu bewahren, da würden die allermeisten sofort zustimmen, sogar notorische Misanthropen, zumal der Umweltschutz ja auch noch den großen Vorteil hat, dass er nicht direkt am Menschen ausgeübt wird, der ja immer wieder durch seine zahlreichen negativen Eigenschaften (Undankbarkeit, Körper- und Mundgeruch, schlechte Manieren usw.) , auch den gutwilligsten Guttuer abstößt. Aber wer mag schon der Natur Schlechtes nachsagen, Mutter Natur ist natürlich gut.

In Deutschland und anderswo gibt es sogar eine Partei, die sich ihren Schutz auf die Fahnen geschrieben und es damit ziemlich weit gebracht hat, die Grünen. Mag die Partei vor allem in ihren Anfangsjahren heftig angefeindet worden sein, so ging es dabei doch vor allem um Personen und um Stilfragen. Kann man mit Turnschuhen einen Amtseid ablegen, stören Strickpullover und wild wuchernde Bärte die Würde des Hohen Hauses´ Aber kein Gegner der Grünen hat sich je dazu verstiegen ihre guten programmatischen Absichten zu konterkarieren. Hemmungslose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, rücksichtslose Zerstörung der Umwelt, das würde sich in keinem Parteiprogramm der Welt gut machen. Und so sind alle anderen Parteien im Lauf der Zeit etwas grün im Gesicht geworden, hat sich das Amt des Umweltministers zu einer der begehrtesten politischen Posten gemausert, weil nun mal, wer die Umwelt schützt, über dem Parteiengezänk steht, weil er seine Sache stets im Brustton der Überzeugung vortragen kann.

Für unsere derzeitige Kanzlerin war das Umweltministerium das ideale Sprungbrett für ihre weitere Karriere, Siegmar Gabriel empfahl sich als Umweltminister der Großen Koalition für die Rolle des SPD-Parteivorsitzenden. Dass es nichts wird mit den höheren Aufgaben für Norbert Röttgen hat nichts zu tun mit seinem Wirken als Bundesumweltminister. Leider hat es Angela Merkel mit seiner Entlassung versäumt, auch gleich das ganze Umweltministerium aufzulösen. Das ist jedenfalls indirekt die Forderung des „Spiegel-Redakteurs Alexander Neubacher, „Was würde der Umwelt fehlen, wenn es keinen Bundesumweltminister gäbe´ Der umweltschädliche Biosprit´ Die giftverseuchte Energiesparlampe´ Ineffiziente Solardächer, die so gut wie keinen Strom erzeugen und deshalb umso stärker mit Milliardenbeiträgen gefördert werden müssen“.

Mit seinem Buch „Öko-Fimmel“ liefert Neubacher jede Menge Diskussionstoff. Doch an denen, die er direkt angeht, scheinen seine Argumente und Anwürfe abzuprallen. Jürgen Trittin zog vor kurzem von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt eine positive Bilanz des von ihm propagierten Dosenpfands, obwohl gerade das Gegenteil von dem eingetreten ist, was mit der Einführung des Einwegpfands bezweckt werden sollte, der Anteil der umweltfreundlichen Mehrwegflaschen ist seit zehn Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Fürwahr: eine tolle Erfolgsgeschichte.

Noch toller ist die Erfolgsgeschichte des einst von den Grünen propagierten Biosprits, der zum Anlegen von großen Monokulturen überall in der Welt geführt hat. Auch in unseren Breiten haben sich Raps- und Maisfelder breitgemacht, die nicht dazu bestimmt sind, den Menschen Nahrung zu liefern und dabei versteht es sich doch eigentlich von selbst, dass der Nahrungsbedarf einer ständig wachsenden Menschheit etwas ganz anderes erfordert. Aus dem Traum die schwindenden fossilen Energien durch unerschöpfliche regenerative Energien zu ersetzen, ist ein Albtraum geworden. Es ist einer der ernüchterndsten Erfahrungen, die man im Lauf des Lebens machen muss, dass man mit den besten Absichten das Schlimmste anrichten kann. Nicht ganz so schlimm ist es, dass, wie Neubacher ausführt, unsere steten Versuche Wasser zu sparen für die Katz sind und schon gar nicht denen anderswo in der Welt nutzen, die unter akuter Wasserknappheit leiden.

Und so ist es auch mit anderen Umweltschutzmaßnahmen, die wir mehr oder weniger freiwillig auf uns nehmen. Die sogenannten Energiesparlampen sparen kaum Energie, verströmen kaltes Licht und enthalten Quecksilber, also bitte nicht fallen lassen, sie könnten sich und ihre Familie damit vergiften (nächstens kommt sogar ein Film darüber namens „Bulb Fiction“ in die Kinos). Die sorgsam getrennten Wertstoffe landen zum großen Teil zusammen mit dem andern Müll in Verbrennungsanlagen.

Die energetische Sanierung des eigenen Hauses rentiert sich im ganzen Leben nicht und begünstigt im schlimmsten Fall die Schimmelbildung.

Vor sechs Jahren initiierte der SWR zusammen mit der Volkswohnung den energetischen Umbau zweier Wohnblocks in der Karlsruher Rheinstrandsiedlung, die Häuser wurden gedämmt, neue Fenster eingebaut, die Heizung wurde ganz und gar auf Holzbefeuerung mit Pellets umgestellt. Wochenlang mussten die Bewohner den Lärm, die Unannehmlichkeiten und den Dreck der Umbauarbeiten, bei denen ganz gewiss auch jede Menge Energie verbraucht und jede Menge C0² in die Luft geblasen wurde, über sich ergehen lassen. In der zweiteiligen Dokumentation mit dem Titel „Tschüß Öl, Ciao Erdgas“ wurden die Umbauarbeiten und die Leiden der Bewohner festgehalten, seitdem hat man von der Sache nichts mehr gehört. Auch nicht davon, dass die Volkswohnung nochmal dergleichen unternommen hätte. Dabei gehört es doch zum Wesen eines Experiments, das man nach einiger Zeit dessen Ergebnisse und dessen Alltagstauglichkeit überprüft.

Also liebe Wissenschaftsredaktion des SWR, wie wäre es mit einer kritischen Nachbetrachtung des einstigen Vorzeigeunternehmens!´ Einen Titel hätte ich auch schon „Tschüß grüne Illusionen“ oder so ähnlich. Aber vielleicht täusche ich mich auch. Schön wär´s. Auch ich möchte der Umwelt und der Natur zuliebe nur Gutes tun. Aber das Richtige müsste es halt schon sein.