Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 03.2012
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Schrill im April 12

Martin Knapp über den Wandel

Es hat sich schon einiges getan: als Martin Knapp 1991 vom ersten Fest von Schwulen hörte, wollte er nicht dabei sein. Das tuntige Bild, das die Gesellschaft bis dahin von Schwulen hatte, das war nicht seins, zu denen wollte er nicht gehören. Dass es eine Veranstaltung von Schwulen gibt, die sich dabei selbst präsentieren, das konnte er sich als „Landei“ erst recht nicht vorstellen.

Nach seinem Coming-out war er im nächsten Jahr schon mal als Gast dabei und ab 1993 arbeitete er dann im Organisationsteam von Schrill im April, das schwule – und später auch lesbische - Kulturfestival mit.

Es hat sich schon einiges getan: CDU-Oberbürgermeister Fenrich übernahm zum 20jährigen die Schirmherrschaft, wir haben einen Außenminister und einen regierenden Bürgermeister die sich zum Schwulsein öffentlich bekennen – alles undenkbar vor über zwanzig Jahren. Martin Knapp möchte mit seinem Engagement dafür sorgen, dass die Toleranz, die mittlerweile offen nach außen getragen wird, auch ein stabiles Fundament hat. Dass es ganz schlicht die Normalität ist, eine andere sexuelle Identität zu akzeptieren.

Auch Knapp weiß, dass trotz allem noch einiges getan werden muss. Im Männerfußball ist das Schwulsein immer noch ein Tabu. „Bist Du schwul, äij´“ ist auf Schulhöfen eine gängige Beschimpfung und auch die gleichgeschlechtliche Ehe ist in Deutschland, im Gegensatz beispielsweise zu Spanien noch nicht eingeführt, sondern nur –aber immerhin- die gleichgeschlechtliche Partnerschaft.

Es hat sich schon einiges getan in den zwanzig Jahren. Deshalb haben sich die Organisatoren von Schrill im April immer wieder gefragt, ob das Festival auch zeitgemäß ist. So wurde vieles ausprobiert, manches mit großem Erfolg, manches mit weniger Zuspruch. Waren anfangs die Schwulen unter sich, kamen mit der Zeit neugierige Heteros dazu. Anfangs war Schrill im April auch der Freiraum für die öffentliche Begegnung im öffentlichen Raum, es war eine Möglichkeit des Kennenlernens innerhalb der Szene. Heute bietet das Internet neue Kommunikationsformen. Hatten Anfangs Schwulen- bzw. Lesben-Discos ihre Berechtigung und auch ihr Publikum, ist das heute kaum mehr nötig und wird auch immer weniger genutzt, denn fast jede Disco bietet den Freiraum der Begegnung.

Der Wandel erfordert, wie bereits erwähnt, auch neue Konzepte für Schrill im April, die im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung am 21.4. im Jubez ab 17 Uhr von Podiumsgästen und Publikum erörtert werden sollen. Wie richtet man sich aus´ Gibt es überhaupt noch einen Bedarf´ „Vor allem, stellt Knapp fest, „gibt es ein Problem, das alle anderen Vereine auch haben: es fehlen die jungen Leute, die sich engagieren.“

Das Festival ist in diesem Jahr zwar geschrumpft, aber es findet immerhin statt und zwar so schrill wie fast immer. Es ist ja schließlich das Festival „Schrill im April“.


Das Programm:

Selbst wenn das Festival nur zwei Tage umfasst – die traditionelle Schrill-im-April-Gala darf dabei selbstverständlich nicht fehlen. Moderator Volker Surmann, Berliner, Comedian, Kabarettist, Autor, Sprachwissenschaftler und Vorleser in Personalunion, liefert mit seinem Motto „Sex - von Spaß war nie die Rede" das passende Leitmotiv. Schlagkräftige Verstärkung erhält Surmann zum einen vom musikkabarettistischen Duo Caspar & Bianca, das nach einjähriger Bühnenabstinenz mit alten Liedern unter dem Motto „Wir können nicht anders“ ein Comeback startet. Intime Plaudereien aus dem Alltag eines bekennenden Schwulen sind das Markenzeichen des Wiener Szene-Kabarettisten Alexander Georg. Dabei beantwortet Georg auch jene Fragen, die noch niemand stellen wollte. Für die lokalpatriotische Note sorgt der Auftritt der Karlsruher Gitarrenpop-Sängerin und Songwriterin Anica mit Begleitband. > Fr., 20.4.2012, um 20 Uhr, Jubez, Kronenplatz, Karlsruhe. Anschließend 80er –Jahre-Disco mit DJane Nexaja.

Im vergangenen Jahr mimte sie noch die Conferencière beim Gala-Abend, nun gehört Daphne De Luxe der zweite Abend des diesjährigen Festivals ganz alleine. Die pfundige Dame präsentiert sich dabei voller Selbstironie als „Barbie im XL-Format“ und zieht dabei sämtliche Kleinkunstregister. Im vergangenen Jahr erhielt sie den fränkischen Kabarettpreis. De Luxe singt, tanzt, spricht und spielt. Und letzteres am liebsten mit dem Publikum, denn so perfekt ihre einstudierten Nummern auch sein mögen, der Charme ihrer Improvisationen und ihre große Schlagfertigkeit sind unerreicht.
> Sa., 21.4.2012, um 20 Uhr, Jubez, Kronenplatz, Karlsruhe.