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Archiv: 05.2011
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Die Wanderbibel

Zigarette, Deo und Humor

Mario Ludwig und Matthias Kehle: Der eine schreibt populärwissenschaftliche und witzige Bücher über die Natur, der andere Lyrik. Beide sind erfolgreiche Vertreter ihres Genres. Gemeinsam haben sie ihre Leidenschaft fürs Wandern.

Aus der gemeinsamen Leidenschaft ist nun ein Buch geworden, die „Wanderbibel“. Jeder hat seine eigenen Kapitel geschrieben, sie haben sich gegenseitig kritisch gelesen. Der Lyriker fand, er habe den Sachbuchautor vor zu vielen Adjektiven bewahrt, der wiederum sieht das erstmals gemeinsam erklommene neue Genre „Wanderbuch“ als gemeisterte Herausforderung: „Man muss sich als Autor, wenn man 20 Jahre dasselbe macht, neu erfinden“, sagt Ludwig.

Wandern kann Genusswandern in der Pfalz ebenso sein wie der erste Viertausender. Es ist der Reiz des nahen Schwarzwaldes, und es fängt schon an, wenn sich jemand im Karlsruher Rheinhafen „zweckfrei über mehrere Stunden bewegt“.
Ist die „Wanderbibel“ denn überhaupt ein „Wanderbuch“ im herkömmlichen Sinne´ In jedem Fall ist sie kein Wanderführer. Es sollte kein Buch sein, in dem bestimmte Strecken nach Höhe, Ausblick, Schwierigkeitsgrad vermessen werden, es preist aber durchaus auch die Schönheiten der durchwanderten Landschaft. Aber es erzählt vor allem von den Menschen, die man unterwegs trifft: dem deutschen Alpinisten, der auf dem Gipfel angekommen, SMS verschickt. Den Italiener, der am Erreichen des Gipfels gar nicht interessiert ist. Den Mann, der sich barfuss und im Lendenschurz am Berg bewegt oder der Siebzigjährigen, die des qualmend bergauf zieht. Eine Hundertschaft italienischer Schüler, die einen Dreitausender ersteigen, dann erstmal eine Zigarette rauchen und anschließend zum Deo greifen.

Matthias Kehle amüsiert sich über Menschen, die in Ausrüstungen etwa durch den Pfälzerwald oder den Schwarzwald rennen, die man eher für Touren im Hochgebirge vermuten würde. All diese Menschen erwachen in den Erzählungen der beiden zum Leben, die Skurrilen unter ihnen oft mit nachsichtigem, aber nie herablassendem Humor betrachtet. Wer selbst wandert, der wird sie alle schmunzelnd wieder erkennen. Wobei sich die Autoren auch selbst nicht schonen.

Selbstredend ist das Buch auch eine Quelle nützlichen Wissens: So etwa das um den Rekord des offensichtlich verwirrten Briten Mark Stott, der im Juni 2010 binnen weniger Tage 150 Kilometer barfuß zurücklegte. Kehle und Ludwig wären keine richtigen Wanderer, hätten sie sich nicht auch dieser obskuren Art des Wanderns im Selbstversuch genähert: Nach 500 Metern im schönen Bühlertal allerdings war Schluss. Ein für allemal.
Was fehlt außer Pilgerwandern im Buch´ „Wir hätten gerne noch mal an einer organisierten Wanderung teilgenommen...“.

Mario Ludwig, Matthias Kehle: Die Wanderbibel, Heyne Taschenbuch, 256 Seiten, 10 Euro

> Buchpräsention: Di 24.Mai um 20 Uhr, Prinz-Max-Palais, Karlstr. 10