Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 04.2010
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Filmland Ungarn

Kino in der Nancy-Halle

Als Ungarn noch zum Ostblock gehörte, galt es als einer der interessantesten Filmländer Europas. In den sechziger Jahren standen Namen wie Istvan Szabo, der später emigrierte, Miklo Jancsó, Martha Meszaros und Andras Kovacs für eine ganz eigenständige Kinematographie, die die Geschichte und Gegenwart des Landes in strenge Bildkompositionen bannte. Absurderweise wird der ungarische Film international weitaus weniger zur Kenntnis genommen, seit der Ostblock zusammengebrochen ist und die Ungarn sogar Mitglied der EU geworden ist.

So ist das Filmland Ungarn neu zu entdecken, in dem Beitrag, den die Karlsruher Kinemathek vom 21. bis 29. zu den diesjährigen Europäischen Kulturtagen beisteuert. Da der Umzug in das Kino Die Kurbel noch nicht abgeschlossen ist, finden die Vorstellungen entgegen der Angabe im EKT-Prospekt in der Nancy-Halle statt.

Zum Auftakt ist mit Andras Kovacs „Kalte Tage“ (21., 19 Uhr + 23., 17 Uhr)ein absoluter Klassiker des ungarischen Kinos zu sehen. Der 1966 entstandene Film behandelt eine dunkle Episode aus Ungarns jüngster Vergangenheit. 1942 wurden in der jugoslawischen Stadt Novi Sad 3000 Menschen als mutmaßliche Partisanen von ungarischen Militärs umgebracht. Die Leichen wurden in die Löcher geworfen, die man in das Eis der zugefrorenen Donau gehackt hatte. Der Fall wird in Rückblenden aufgerollt, vier Beteiligte des Massakers, die 1946 im Gefängnis sitzen, erinnern sich an die Geschehnisse. Die vier Perspektiven überlagern sich und ergeben eine Atmosphäre der Angst und der Hysterie.

Von Kovacs Zeitgenossen Miklós Jancsó´ wird ein weniger bekanntes Frühwerk aus dem Jahr 1964 gezeigt. „So kam ich“ (21., 21.15 Uhr + 28., 19 Uhr)erzählt die Geschichte der merkwürdigen Freundschaft zwischen einem versprengten jungen Ungarn und einem etwa gleichaltrigen russischen Soldaten bei Kriegsende.

Gabor Body, der sich 1985 im Alter von 39 Jahren das Leben nahm, war ein Grenzgänger zwischen dem Medium Film und der damals neuen Videokunst. Sein 1000 Arbeiten umfassende Kompendium der Videokunst hat seine Witwe dem ZKM überlassen. Die Kinemathek zeigt Bódys Frühwerk „Amerikanische Ansichtskarte“ (22. 21.15 Uhr + 29., 19 Uhr)aus dem Jahr 1975. Ungarische Freiheitskämpfer, die in die USA ausgewandert sind, reflektieren in den letzten Tagen des amerikanischen Bürgerkrieges ihre Situation.

Mit „Dealer“ (24., 21.15 Uhr)von Benedek Fliegauf und „Taxidermia“ (23., 21.15 Uhr)von György Pálfi werden zwei völlig unterschiedliche Beispiele aktuellen ungarischen Filmschaffens gezeigt. Während Fliegauf in kargen, langen Einstellungen einen Tag im Leben eines Drogendealers zeigt, zieht Pálfi alle Register um das große Fressen zwischen Geburt und Tod auf die Leinwand zu bringen.

Ein eigenes Programm ist dem Béla-Balázs-Studio gewidmet, der Keimzelle des ungarischen Kinos. In zwei Programmen werden Studentenarbeiten der wichtigsten ungarischen Filmschulen vorgestellt.

> 21. bis. 29.April.- Eröffnung ist am 21. (19 Uhr)

PS. Auch das Filmboard Karlsruhe steuert sein Scherflein zu den EKT bei, mit einem ungarischen Kurzfilmprogramm im Rahmen der Independent Days am 25. (17 Uhr) in der Schauburg. -ko

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