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Archiv: 03.2010
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Zwei Poeten des Lichts

Stummfilmtage mit Live-Musik

Jean Renoir und Rene Clair sind zwei herausragende Filmschöpfer des französischen Kinos vor dem Aufkommen der Nouvelle Vague, beide sind sie Poeten des Lichts. Bei Renoir kommt eine sozialkritische Note hinzu, bei Clair überwiegte das Spielerische und Komödiantische. Ihre Karriere umfasst mehrere Jahrzehnte, die Stummfilmära ebenso wie die Epoche des frühen Tonfilms und des Nachkriegsfilms.

Die wunderbaren Stummfilme von Renoir und Clair stehen im Mittelpunkt der 8. Karlsruher Stummfilmtage vom 11. bis 14. März, darunter ein paar absolute Filmklassiker, aber auch weniger bekannte, selten zu sehende Arbeiten. Wie in den Vorjahren finden die Stummfilmtage an zwei Schauplätzen statt, im Studentenhaus (Adenauerring 7) und im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM, Lorenzstraße) und wie gewohnt wird live dazu Musik gemacht von musikalischen Talenten aus der Region und von Gast-Ensembles.

Zur Eröffnung am 11. (19 Uhr) gibt es eine Uraufführung einer Komposition von Luke Styles, einem Wolfgang Rihm-Schüler, zum Kurzfilm „Entr´acte“ von Rene Clair, der ursprünglich als Zwischenspiel eines dadaistischen Balletts mit der Musik von Erik Satie, entstanden ist. Es folgt Clairs „Paris qui dort“ (Paris schläft), ein früher Science-Fiction-Film, der die Surrealisten und Dadaisten entzückte. Der bekannte Stummfilmbegleiter Günter Buchwald (Klavier, Violine) mit dem Saxofonisten Stefan Oberländer macht die Musik dazu.

„Sur un air de Charleston“ (Nach einem Charleston), eine frühe filmische Fingerübung von Renoir, beschließt das Eröffnungsprogramm, das in abgespeckter Form ohne den Renoir-Film am 12. (20.30 Uhr) im Studentenhaus zu erleben ist, wobei „Paris qui dort“, diesmal von dem Elektronik-Duo Interzone Perceptible auf verblüffend andere Weise interpretiert wird. Trotz großen Budgets wurde Renoirs „Nana“ (ZKM 12., 20.30 Uhr/StH 13., 18 Uhr, beide Aufführungen mit Günter Buchwald und seinem Ensemble), die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Emile Zola, ein kommerzieller Misserfolg. Bemerkenswert: die männliche Hauptrolle des Grafen Muffat gibt Werner Krauß, der deutsche Film- und Theaterstar.

In einer Sonderveranstaltung unterhält sich Josef K. Jünger vom Veranstalter Déjá –Film e.V. mit dem französischen Filmexperten Jacques Poitrat über die Restauration und Rezeption des Films (ZKM 12. ,16.30 Uhr).


Die Titelrolle von „Nana“ spielt die damalige Ehefrau von Renoir Catherine Hessling, die er bereits als „La Fille de l éau“ (Das Mädchen vom Fluss) (ZKM 12., 18 Uhr) und als Titelfigur seines ersten Films „Catherine“ (ZKM 13, 21 Uhr) besetzt hatte, der mit einer rasanten Verfolgungsjagd endet. Die Musik dazu macht das Karlsruher Improvisationsensemble (Holger Ebeling, Hartmut Nieder u.a.) bzw. die Capella Obscura unter der Leitung von Cornelia Brugger. Eine Satire auf das Kasernenhofleben ist „Tire-au-Flanc“ (Drückeberger) (StH 13., 21 Uhr, Musik: Frieder Egri und Ensemble), bei der Renoir erstmals mit dem grandiosen Michel Simon zusammengearbeitet hat.

1927 verfilmte Rene Clair das bekannte Singspiel „“Un chapeau de paille d´Italie“ (Der Florentinerhut) (StH 13., 21 Uhr) und machte daraus ein stummes, aber actionreiches Lustspiel. KrausFrink Percussion, die im letzten Jahr das Stummfilmprogramm beim Vor-Fest untermalten, machen eine entsprechend bewegte Musik dazu. Ein echtes Fundstück aus Clairs Frühwerk ist „Le Fantome du Moulin Rouge“ (StH 14., 20 Uhr), eine komödiantische Räuberpistole, begleitet von Jean Marie Hummel. Hummel (Akkordeon, Klavier, Gesang), der sich diesseits des Rheins einen Namen gemacht als musikalischer Botschafter des Elsass´. Stummfilmbegleitung dürfte eine neue Erfahrung für ihn sein. Tradition hat mittlerweile das Programm für Kinder am Sonntagnachmittag (14. und 21., 15 Uhr), das mit zwei Stummfilmpreziosen aufwartet, mit Jean Renoirs anrührender Interpretation des Andersen-Märchens „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ und dem Stop Motion-Puppen-Animationsfilm „Fetiche Mascotte“ von Ladislas Starewitsch. Für den musikalischen Teil sind die Gruppe Tanine Gong und das Ensemble Saitenwind des Badischen Konservatoriums zuständig. In der Regel werden die Originalfassungen gezeigt, die Zwischentexte sind deutsch untertitelt.


Abspann:
Der Dokumentarist Thomas Heise, der an der HfG Karlsruhe lehrt, hat seine Studenten Stummfilme drehen lassen, die aussehen als wären sie vor achtzig Jahren entstanden. Das Ergebnis ist in einer Sonderveranstaltung am 12. (18 Uhr) im ZKM zu sehen. Studierende der Kompositionsklasse Wolfgang Rihm sorgen für den entsprechenden Soundtrack. - ko

> www.karlsruher -stummfilmtage.de
Studenthaus (StH), Adenauerrung 7, KA
ZKM, Lorenzstr. 19, KA

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