Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2008
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Touri Go Home

Bild - Touri Go Home
Na, wie war der Urlaub´ Ich habe ihn, wenn ich das schreibe, noch vor mir, und wenn Sie das lesen, habe ich ihn hinter mir. Und wieder beschleicht mich schon vorab das Gefühl, dass ich es besser hätte bleiben lassen. Wozu denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Das Gute, das ist das vertraute Bett mit der Matratze, die man sich in langen Nächten zurecht gelegen hat, das ist der gut gefüllte Kühlschrank, den man jederzeit wieder auffüllen kann, weil das Lebensmittelgeschäft gleich um die Ecke liegt; das Gute, das ist die Küche, in der alles an seinem Platz ist, in der man nicht lange suchen muss nach Korkenzieher, Flaschen- und Dosenöffner und allen anderen lebensnotwendigen Dingen. Das Gute, das ist auch der gewohnte Fernsehsessel, der sogar so bequem ist, dass man auch mal ein Nickerchen darin machen kann, wenn das Spätprogramm nicht hält, was die Fernsehzeitschrift verspricht. Ist es nicht toll, sich in einer Wohnung zu bewegen, in der man jede Ecke und jeden Winkel kennt, oder vor die Türe zu treten und in vertraute Gesichter zu blicken, eine verständliche Sprache (meistens jedenfalls) zu hören´ Ist es nicht schön, sich durch eine Stadt zu bewegen, die keine Rätsel mehr aufgibt´ Man weiß, wo das Rathaus steht, wo der Marktplatz ist. Nie verliert man die Orientierung, nie ist man dazu genötigt, wildfremde Leute möglicherweise in einer Sprache, die man nur rudimentär beherrscht, nach dem Weg zu fragen (wobei wenn es mit der Frage geklappt hat, durchaus nicht gesagt ist, dass man die Antwort versteht). Man weiß, wo es das preisgünstigste Wiener Schnitzel und das beste Bier gibt, und muss sich nicht mit fremden Trink- und Ess-Sitten vertraut machen und lange überlegen, wie viel Trinkgeld dem Kellner zusteht oder ob das schon in der meist gesalzenen Rechnung inbegriffen ist, ob kurze Hosen im Restaurant unschicklich sind und es ein nicht wieder gut zu machender Akt der Unhöflichkeit ist, sich nicht an den absolut beschissenen Platz neben der Toilette zu setzen, der einem in einen menschenleeren Lokal von einem impertinenten Kellner zugewiesen wurde´ Schön und gut ist es auch im eigenem Bad und im WC sich ganz ungeniert der Körperpflege und Körperhygiene widmen zu können. Die Haare und Fingernägel, die man hie und da findet, sind von einem selbst oder einem Familienmitglied, von Kakerlaken, Wanzen, Sandflöhen, Ameisen und anderem Getier keine Spur. Das Paradies – das ist das eigene Zuhause und aus diesem Paradies vertreibt man sich immer wieder selbst, in dem man in der Weltgeschichte herumreist mit schwerem Gepäck (das doch nie ganz vollständig ist, irgendwas vergisst man immer), jede Menge Benzin (oder Kerosin) verbraucht, in langen Staus die letzten Nerven lässt, um dann am Urlaubsort festzustellen, dass das im Prospekt doch wesentlich besser und geräumiger ausgesehen hat und der Meeresblick nur zu haben ist, wenn man mit dem Fernglas aufs Dach steigt. Der Blick auf die Sehenswürdigkeiten, die man im Fernsehen in vollkommener Pracht gesehen hat, wird einem verstellt von Touristen wie einem selbst, die massenweise schlechte Fotos machen – so wie man selbst - , die im Zeitalter der Digitalfotografie in der Regel später ungesehen auf einer CD schlummern. Und derweil wird das eigene Bankkonto ungeheuer entschlackt, denn alles kostet, damit es sich für die Einheimischen rechnet. Wenn das Wetter mitspielt, holt man sich einen Sonnenbrand am Strand, für den man mittlerweile in vielen Touristenhochburgen Eintritt bezahlen muss, wenn das Wetter nicht mitspielt, fangen die Kinder an zu maulen, weil sie für die prächtigen Sakralbauten und die imponierenden Renaissance-Kunstwerke, die man sich ja auch mal ansehen könnte, Null Interesse aufbringen. Irgendwann (endlich!) geht es dann auch wieder nach Hause, voll bepackt, erschöpft, in Vorfreude auf die Tageszeitung, die der freundliche Nachbar für einen aufgehoben hat, auf das kühle Bierchen, das einem aus dem Kühlschrank anlacht, auf das bequeme Bett, auf das vertraute Röcheln der Kaffeemaschine am Morgen danach..... Und doch macht man sich im nächsten Jahr wieder auf, das Glück zu suchen, das am anderen Ufer liegen soll, der besseren Einsicht zum Trotz, dass es gerade da nicht zu finden ist.
(Nach Diktat verreist.)

Anmerkung der Redaktion: Die anderen Klappe Auf MitarbeiterInnen hatten entweder einen sehr schönen Urlaub oder freuen sich noch auf diesen.