Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2008
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Bauernmärkte

Steinseltz und Durlach

Heute, wo mall rats unsere Glas überdachten Konsumtempel bewachen, erscheint ein Bauernmarkt wie ein Ding aus einer vergangenen Zeit. Oder als vermeintlich griffige Marketingerfindung aus dem Tourismusbüro für die Zielgruppe 40+X.

Für die Initiatoren des „marché à la ferme“ in Steinseltz spielten diese Überlegungen keine Rolle. Im wenige Kilometer südlich von Wissembourg gelegenen elsässischen Dorf Steinseltz, weit entfernt von der nächsten größeren Metropole, haben Doris und Albert Burger zusammen mit Daniel Starck aus Seebach vor zwei Jahren einen Bauernmarkt ins Leben gerufen, der seinem Namen alle Ehre macht.
Mit viel persönlichem Engagement und ohne nennenswerte Unterstützung von offizieller Seite haben sie zahlreiche Produzenten im Nordelsaß mobilisiert, um einen Markt im ursprünglichen Wortsinn zu etablieren: als Umschlagplatz nicht allein von Waren, sondern auch von Ideen und Gedanken, als Ort eines temporären Hochgefühls, der das Verweilen leicht macht und zum Schauen einlädt; ein Ort, an dem schnell etwas Unvorhergesehenes geschehen kann.
Jeden ersten Mittwoch des Monats treffen sich die Eigenerzeuger und bauen ihre Stände in der leeren Scheune auf dem Obsthof der Burgers auf. Und es ist kaum zu glauben, welche Vielfalt von erstklassigen regionalen Produkten sie da ausbreiten.
Salmbacher Walnussöl aus handwerklicher Herstellung, Joghurt und Milchprodukte von der Ferme Tiergarten, Blüten-, Kräuter oder Fruchtsirup sowie Marmelade in allen Variationen, Rindfleisch von der Ferme Le Mevel in Fort-Louis, Speck oder paté de campagne von Hélène Faust aus Hatten und selbstverständlich biologisch erzeugtes Obst und Gemüse der Saison.
Im besten Sinne eine Direktvermarktung mit hohem Qualitätsanspruch betreibt Daniel Starck, der sein Biogetreide selbst vermahlt und im eigenen Holzofen zu einem kernigen Sauerteigbrot bäckt. Auch Albert Frintz, der 1981 im Elsaß den ersten Vertrag mit dem Demeter-Anbauverband unterschrieben hat, verkauft seinen feinwürzigen Tomme de Carrière, den er von seinen vier Kühen in Pfaffenhofen erzeugt.
Regionalität, Saisonalität und kurze Wege werden hier sehr ernst genommen und dass nicht an die große Glocke gehängt wird, dass schätzungsweise achtzig Prozent der Produkte biologisch erzeugt werden, gehört zum understatement.
Damit das Verweilen noch leichter fällt, wird der Flammkuchenofen angeheitzt, werden Apfelküchle oder auch mal Fleischküchle gebacken und je nach Lage eine Gemüsesuppe angeboten. Abends wird dann gedrehorgelt oder eine andere musikalische Darbietung präsentiert. Tanzen ist auch nicht verboten. Oder es wird am table-ronde über Ökologie, Landwirtschaft und Ernährung palavert.
So ist ein beeindruckend vitaler und gut besuchter Ort der Begegnung und des Austausches entstanden, der das Flair eines gewöhnlichen Wochenmarktes bei weitem überflügelt. Dort sollten Sie mal hinfahren!

Vor allem auch um den Unterschied zu bemerken, der zum Durlacher Bauernmarkt besteht, der seit gut einem Jahr jeden Mittwoch auf dem Saumarkt mit ähnlich guten Vorsätzen wie in Steinseltz abgehalten wird. Das Marktamt hat über hundert regionale Erzeuger und vorzugsweise Bioproduzenten angeschrieben. Allein es hat noch nicht gefunkt. Auch das Verlegen des Marktes auf den Vormittag hat wenig Bewegung in die Angelegenheit gebracht - leider! Nicht einmal Ravenwing, unsere auf den Wochenmärkten fast allgegenwärtige euro-indianische allround-Rezitatorin lässt sich nicht mehr regelmäßig dort blicken. Wir würden uns für den Durlacher Bauernmarkt eine kräftige Dosis der Vitalität unserer elsässischen Nachbarn wünschen. Wie geht diese Liedzeile´ - „Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit.“


> Marché à la ferme, 73-75 rue du maire Rupp, Steinseltz (Elsaß), jeden ersten Mittwoch im Monat von 15 bis 20.00 h, Tel. 0033-388-543088.
Bauernmarkt Durlach, jeden mittwoch Vormittag auf dem Saumarkt, Straßenbahnhaltestelle Friedrichschule.