Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2007
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„Projecting Time”

Neuanfang im Kunstverein

Seit Anfang des Jahres leitet Anja Casser den Badischen Kunstverein, mit einer konzentrierten Gruppenausstellung künstlerischer Arbeiten, die sich mit dem Ausbilden von Geschichte und Erinnerungstraditionen auseinandersetzen, stellt sie sich nun Karlsruher Publikum vor. Für die 1973 geborene Kunsthistorikerin, die vielfältige Erfahrungen als freie Kuratorin nach Karlsruhe mitbringt, ist das Debut gleichzeitig eine Art von Standortsuche, eine Auseinandersetzung mit der Frage, an was für einen Ort sie gekommen sei. Sie ging zunächst ins Archiv, um die Geschichte des Badischen Kunstvereins, eines der ältesten seiner Art überhaupt, kennenzulernen. Das bekräftigte ihre Sicht vom Kunstverein als sozialem Ort und Forum des Gesprächs über Kunst, als den Anja Casser das historische Gebäude auch durch die Umgestaltung des Waldstraßensaals zum Veranstaltungs-, Archiv-, Video- und Zeitschriftenleseraum wieder stärker im Leben der Stadt etablieren will.

In Diskussion bringen will Anja Casser ihr Publikum mit bemerkenswerten Arbeiten, die sie unter einen gemeinsamen Blickwinkel stellt, die sie jedoch in kein kuratorisches Konzept zwängen möchte. Ihr ist es wichtig, das einzelne Kunstwerk ernst zu nehmen, ihm Raum zu bieten, und es mit anderen Arbeiten in Dialog treten zu lassen. Die sympathische Verbindlichkeit und neugierige Offenheit ausstrahlende Kunstvereinsleiterin setzt auf die intensive Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Künstlern, deren unterschiedlichste Typen und Naturen sie besonders spannend findet. Diese Begeisterung merkt man ihr an, wenn sie über die einzelnen Werke von “Projecting Time” spricht, etwa Isa Genzkens Arbeit aus den frühen 90er Jahren, für die Casser wie eine Löwin kämpfte. Denn die legendäre Arbeit, in der Genzken mit einer seriellen Anordnung von Fotos des Magazins “Der Spiegel” vielschichtig unsere medial vermittelte Realitätswahrnehmung reflektiert, war ihr überaus wichtig, “auch wenn sie von keiner bekannten Künstlerin stammen würde”. Oder von Dierk Schmidts Arbeit, der mit der Malerei die Lücken der medialen Darstellung von Wirklichkeit aufspürt. Für die in Karlsruhe gezeigte Arbeit recherchierte er über den Untergang eines Flüchtlingsboots vor der australischen Küste, ein Unglück, das der Weltöffentlichkeit weitgehend verborgen blieb, weil die Medien keine Bilder um den Globus schickten. Cassers Begeisterung ist die beste Einladung, sich mit einer konzeptuellen Kunst auseinanderzusetzen, die man sich erarbeiten muss, alleine, im Künstlergespräch, mit Freunden, oder bei den wieder angebotenen Führungen, denn Cassers Anliegen ist es, den Zugang zu junger Kunst zu erleichtern: “Nicht die Kunst muss sinnlicher und populärer werden, es kommt vielmehr darauf an, wie man sie vermittelt und wie man das `rüberbringt.”

> “Projecting Time”, bis 26.8., Badischer Kunstverein Karlsruhe, Waldstraße 3, Führungen 1. und 22.7., jeweils 15 Uhr, weitere Veranstaltungen: www.badischer-kunstverein.de