Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2006
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Crépuscule

Klangmaler mit Tiefgang

>FR. 17. NOV., Substage, Kriegstr. 15, 20 Uhr – zusammen mit Trigon, Purple Haze

„Wir machen keine Kompromisse. Viele finden bei uns schon den französischen Gesang befremdlich. Aber wir machen das, und das Publikum, das zu uns kommt, will auch etwas Außergewöhnliches hören“, sagt Franco Rouvinez. 1984 hat er die Band Crépuscule zusammen mit seinem Bruder Gerald gegründet. Eine Band, die in den 22 Jahren ihrer Existenz recht selten aufgetreten ist. Einer ihrer Live-Höhepunkte war 1989, als sie zusammen mit der französischen Kult-Progressive-Band Ange auftraten. „Seelenverwandtschaft“ haben sie spätestens damals festgestellt. Und eine gemeinsame Lebensauffassung, die es vorzieht, „die Welt mit Orgasmen zu bevölkern statt mit Krieg“, wie es Gerald Rouvinez ausdrückt.
Unter anderem damit hat „L’Hymne à La Vie“ zu tun, ihr erstes „richtiges“ Album: 67 Minuten Musik, die eine Geschichte erzählen. „Der Grundgedanke ist, dass unsere Gesellschaft die Rituale vergessen hat.“ sagt Gerald Rouvinez. Rituale in der Entwicklung als Mensch, in der Gesellschaft und der Sexualität. „Die CD ist eine epische Erzählung, die den Bogen spannt von der Geburt bis zur Pubertät“. Die Musik gemahnt an Klangcollagen von Pink Floyd, die überbordende Melancholie von Ange, die Konstruktion ganz eigener Welten von Magma. Aber sie ist dennoch eigen. So eigen und eigenartig, dass sie selbst der „progressiven Fachpresse“ schwer zu vermitteln ist. Das Magazin „eclipsed“ beispielsweise betrachtete die französische Sprache als Marketinghindernis. Aber Gerald und Franco Rouvinez sind in der französischen Schweiz geboren – und ihre komplexen Ideen, die sie in langen Gesprächen entwickeln, lassen sich am besten in der Muttersprache umsetzen. „L’Hymne à la Vie“ ist ein Konzeptalbum, man ahnt es auf den ersten Blick: Die CD steckt in einem DVD-Cover und enthält ein aufwändiges Booklet. „Die Kunst als ganze ist wichtig“, sagt Franco Rouvinez. „Das CD-Cover dient nicht nur zum Verkaufen der CD.“ Das audiovisuelle Gesamtkunstwerk beinhaltet ein Booklet mit Ölbildern der Malerin Christiane Theilen, die aus der Musik heraus entstanden sind, und im Entstehen wiederum die Musik befruchtet haben. Zusammen mit den Computergrafiken des Künstlers Tahayis rundet sich das Multimedia-Kunstwerk. Die Band habe eben nicht nur musikalische Wurzeln, „sondern Comic-Künstler wie Bilal und Schuiten haben uns ebenso geprägt“. Die Arbeit an der CD begann vor rund „zehn, zwölf Jahren“ und war auch mit einem Selbstfindungsprozess der Band verbunden, die jetzt erst die Optimalbesetzung erreicht habe. „Die anderen Mitglieder sind genauso wichtig. Die Band ist ein Medium, die Energie fließt von selbst, das haben wir nie diskutiert“, betonen die Brüder Rouvinez. Wer das Booklet genau studiert, wird merken, dass sich Franco hier „Rouvinet“ schreibt. Was steckt dahinter´ „Für Musik und Texte bin ich ‚Rouvinet’. Und meine Frau sagt: Wenn ich dich auf der Bühne sehe, kenne ich dich nicht“. Künstler sein, das könne man auch, ohne professionell Musik zu machen. Und umgekehrt hätten ja auch Profis verschiedene Existenz-Ebenen. Gerald Rouvinez kennt sie alle, durch seinen bürgerlichen Beruf als Substage-Geschäftsführer: „Ich habe Christain Vander mit seiner Frau und einer Plastiktüte in der Hand gesehen.“ Die CD ist der Abschluß einer ersten Bandphase. Das Projekt ist auf Fortsetzung angelegt, die nächste CD soll schon innerhalb der kommenden 3 Jahre fertiggestellt sein. Jetzt gilt es, die neue Musik in ausgewählten Clubs einer kleinen radikalen Minderheit live zu Gehör zu bringen. Da sind Brüder realistisch. Zumal sie mit einer recht aufwändigen Produktion reisen wollen. Mit all den klassischen Merkmalen, die Progressive-Rock-Jünger schon vor 35 Jahren zu schätzen wussten. Fahnen, kleine Filmclips, ausgetüfteltes Licht. Und ja, bevor jemand fragt: Franco Rouvinet wird Masken tragen.

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