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Archiv: 12.2005
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Schauspieler , Musiker und Komponist

Er hat alles und hängt trotzdem in den Seilen

Er hat alles und hängt trotzdem in den Seilen, sagt der Schauspieler Tobias Hofmann über den Leonce aus "Leonce und Lena". Es ist seine Lieblingsrolle, vielleicht weil Leonce ihn an seine eigene Generation erinnert, die berühmte "Generation Golf". Gespielt hat Hofmann ihn erstmals Anfang der 90er-Jahre im Schultheater seines Münchner Gymnasiums. Doch das Theater ist nicht die einzige Leidenschaft des 32-jährigen "freien" Schauspielers, der zwischen Karlsruhe, München, Berlin und Dresden pendelt.
Bis kurz vor dem Stimmbruch habe ich im Tölzer Knabenchor gesungen, erzählt er, "nach dem Abi habe ich eine Big Band gegründet." Zwei Jahre lang hat Hofmann die 18-köpfige Band geleitet - vorher leitete der Teenager bereits ein Vokalquintett. Klavier, Schlagwerk, Trompete sind nur einige Instrumente, die der Musiker Hofmann beherrscht, und zwar richtig, wie er auf Nachfrage betont. Der Weg zum Musiker schien vorgezeichnet. Nach dem Zivildienst studierte er also Jazzkomposition und Arrangement in Rotterdam, und zwar bei Rob Pronk. "Den kennt zwar kaum jemand, aber bei den Liner-Notes vieler Platten von Jazz-Größen steht er mit dabei, bis hin zu Marlene Dietrich", sagt Hofmann. Weil der Studiengang für die Hochschule nicht sehr gewinnbringend, sprich Tobi Hofmann der einzige Student war, war die Episode mit Rob Bronk nach einem halben Jahr zu Ende. Hofmann ging zurück nach München, zumal ihm der Beruf "Komponist" zu einsam erschien - "jeden Tag am Schreibtisch, das wäre nichts für mich." Hofmann spielte eine Weile an einem kleinen Münchner Privattheater, um anschließend in Berlin eine Schauspielausbildung zu machen: "Der Rechtfertigungsdruck gegenüber meiner Familie nach einem Beruf war zu groß." Tobi Hofmann machte im Jahr 2002 seinen Abschluss an der Ernst-Busch-Hochschule in Berlin. Hinterher hatte er den Eindruck, auch die Schauspielerei sei nicht unbedingt das Richtige für ihn. Bis ein alter Freund anrief und sagte: "Ich gehe nach Karlsruhe, gehst Du mit´ Knut Weber hat noch eine Stelle frei." "Unter großem Vorbehalt" sei er mitgegangen.

Nach zwei Jahren der Festanstellung hat Tobi Hofmann heute Verträge für einzelne Stücke. Seine Vorbehalte sind verschwunden, denn Hofmann schauspielert nicht nur (etwa in "Volksvernichtung" oder "Ein Münchner im Himmel"); für "Peer Gynt" oder "Das Fest des Lammes" schrieb er die Bühnenmusik, bei dem genial-komischen Schabernack "Europa-Asien" führt er derzeit Regie.
Daneben hat Tobi Hofmann einige CDs veröffentlicht: "Alles idealistische Projekte ohne Profit", schmunzelt er. In München spielt er in einem Jazz-Quintett Trompete und Flügelhorn; mit einigen Freunden, darunter einer Musikerin aus Slowenien, nahm er "Songs from Slowenia" auf, mit einer Soul-Sängerin jazzige Weihnachtslieder ("Jazzy Christmas", was auch im "Insel-Theater" zu hören war). In Berlin spielt er als u.a. Piano in einem Trio, unter anderem zusammen mit dem Klezmer-Trompeter Paul Brody. "Eine fröhliche Stilverquickung", nennt Hofmann die Musik der Combo, mit der er bei der Eröffnung des "Deutschen Theaters" auftrat.
Besonders angetan hat es ihm sein neuestes Projekt, und zwar hat er mit Musikerkollegen drei Tage lang im Reaktorgebäude des Forschungszentrums Karlsruhe improvisiert. "Die Rotunde hat eine unglaubliche Nachhallzeit von dreizehn Sekunden", sagt Tobi Hofmann. "als ich dort das erste Mal mit den Fingern schnippte, dachte ich sofort, da muss ich etwas machen." Bei acht Grad Kälte spielte er also in Thermounterhosen zusammen mit dem Streichquintett der Badischen Staatskapelle und zwei Saxophonisten die CD "Inside" ein. Unter den Musikern strahlten die Brennstäbe, um sie herum blinkten ("wie bei James Bond") Messgeräte und Anzeigetafeln. Und doch ist eine Musik entstanden, die eine seltsam warme, lange und weite, sehr meditative Atmosphäre ausstrahlt. "Jazz kann man es nicht nennen", sagt Hofmann, "der Raum ermöglichte einiges, hat aber auch vieles verhindert." Matthias Kehle

Termine:Tobi Hofmann macht die Musik für "Die Physiker" (Premiere, 4. Dezember, weitere Termine: 10. Und 14. Dezember),
Die Hofmann-Inszenierung "Europa-Asien“ läuft am 3. Dezember, "Ein Münchner im Himmel" (mit Tobi Hofmann) an Silvester.

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