Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2005
Kunst, Ausstellungen Kunst

 

Geselligkeit im ländlichen Raum

Erstmalig in Deutschland: Ein weitgespannter Überblick über das vielfältige Oeuvre des großen flämischen Malers David Teniers d.J. (geb. 1610 in Antwerpen, gest. 1690 in Brüssel). Nach Chardin und Delacroix nun ein weiterer Meister ersten Ranges in der Karlsruher Kunsthalle, der neben Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck und Jacob Jordaens zu den bedeutendsten Malern des 17. Jh. gehört. Der Schwiegersohn von Jan Brueghel schildert Bauern beim Bogensschießen, beim Kegelspiel oder bei der Arbeit auf dem Feld, in der Scheune; beim Holzfällen, beim Strohschneiden, beim Fischen. Die Frauen zeigt er bei der Wäschebleiche, am Brunnen oder in der Küche hantierend: Ein gemaltes Panoptikum des bäuerlich-ländlichen Lebens im 17. Jh. Bei allen Beschäftigungen, die Teniers schildert, sind die Menschen gesellig beisammen - vermutlich hätte er das Verhalten heutiger Menschen in den Einkaufsparadiesen und Fußgängerzonen (einsame Esser, einsame Trinker usw.) als "verrückt" empfunden. Wenn man sich den Genüssen und Lastern widmet, dann gemeinsam: "Lärmende Dorffeste, bei welchen sich der Landmann für ein ganzes Jahr der Plage an Tanz und Trunk entschädigt, die ruhigere Freude einer kleinen Gesellschaft am reich beladenen Tisch und das einfache häusliche Leben der Landleute waren seine bevorzugten Gegestände." Ein Paradebeispiel für die Heiterkeit, mit der Teniers dieses Leben imaginiert, ist das große "Dorffest" von 1648, eines von insgesamt 9 Gemälden von Teniers, das die Kunsthalle besitzt. Das ist beachtlich.
Der Grund: Die badische Markgräfin Caroline Louise folgte in der 2. Hälfte des 18. Jh. der Mode, sowohl eigenhändige Gemälde von Teniers als auch Nachahmungen seiner Werke zu erwerben. Diese Mode war für die Kunst der kleinen Details empfänglich - im Gegensatz zur damaligen italienischen Mode, die die Aufmerksamkeit des Betrachters auf ein aus Licht und Schatten modelliertes, bedeutungsvolles Zentrum des Bildes richtete. Am Karlsruher Hof war man protestantisch! Der Blick durfte - wie bei Teniers - von einer Episode (Wahrheit) zur nächsten wandern! Obwohl Teniers für seine Genrebilder hoch geschätzt wurde, bilden aber auch belebte Landschaften und pastorale Idyllen einen wichtigen Bestandteil seines Gesamtwerks, das, aus der Brueghel-Tradition kommend, in ihrer heiteren Gestimmtheit die ""fetes galantes" der französischen Malerei des 18. Jh. vorwegnimmt. Weil Spitzenwerke und Pretiosen aus zahlreichen deutschen und internationalen Sammlungen zusammenkommen, darunter auch noch nie öffentlich gezeigte, braucht man kein Kachelmann zu sein, um einen gewaltigen (Besucheran) Sturm zu prophezeien.
(David Teniers d.J, Alltag und Vergnügen in Flandern, Kunsthalle Karlsruhe, 5.11. bis 19.2.)

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