Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 05.2011
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Schauspielerin Annika Martens

Von der Bühne vor die Kamera

„Ich bin glücklich, wenn ein Regisseur aufnimmt, was ich mitbringe und mich in eine Richtung führt, in die ich mich von selbst nicht traue“, sagt Annika Martens.

Zu den virtuosesten Leistungen der Schauspielerin am Badischen Staatstheater gehört die Verkörperung der Lucy in „Mr. Marmalade“. Eine Vierjährige spielt `erwachsene Frau´ und legt zwischen kindlich-sehnsüchtiger Verletzlichkeit und verzweifelter Rauheit bruchlos wechselnd eine ganze Welt abgrundtiefer Verlassenheit bloß. Diese Rolle in dem surreal-grotesken Gesellschaftsbild von Noah Haidle werde sie in besonderer Erinnerung behalten, sagt die 33-Jährige. Wie Kleists „Penthesilea“, deren Titelfigur sie spielte, sei „Mr. Marmalade“ eines jener Stücke, „die besonders nah an einem dran sind“.

Mit dem Intendantenwechsel zur kommenden Spielzeit endet das Karlsruher Engagement der von der Kritik wiederholt hochgelobten Darstellerin, deren Beliebtheit beim Publikum sich im vergangenen Jahr auch in der Verleihung des „Goldenen Fächers“ der Kunst- und Theatergemeinde Karlsruhe ausdrückte. „Der Preis hat mich sehr gefreut, gerade weil er von Zuschauern kam“, sagt Annika Martens. Beim Karlsruher Publikum sei manchmal eine Vorsicht zu spüren, „vielleicht aus Unsicherheit `falsch´ zu reagieren oder unhöflich zu sein, ich kann nur sagen, dass es für uns Schauspieler sehr ermutigend ist, wenn wir Reaktionen während des Stückes bekommen“. Derzeit ist sie als Hochstapler-Gattin Vera Schneider im gerade uraufgeführten Musical „Big Money“ zu sehen, dessen Spaß und Leichtigkeit sie als willkommenes Gegengewicht zu manch bedeutungsschwerem, tiefgründigem Drama schätzt.

Für die in einer Kleinstadt nahe Hamburg Aufgewachsene war Schultheater „das Schönste“, lange dachte sie jedoch, für den Schauspielberuf „zu schüchtern“ zu sein. Nach dem Abitur arbeitet sie vier Monate lang in Kolumbien mit Straßenkindern. Die Herzlichkeit im Umgang dort trotz schlimmster Lebensumstände ist ihr sehr eindrücklich. „Freundschaften und Familie, wenn denn vorhanden, spielen eine ganz andere Rolle als hier“. Martens macht eine Ausbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin und hospitiert an einer Hamburger Schauspielschule. „Es war schlimm für mich, anderen dabei zuzusehen, was ich so gerne machen wollte“, erzählt sie. Ermutigt von ihrer Sprecherzieherin bewirbt sie sich mit 25 Jahren erfolgreich an der renommierten Ernst-Busch-Schule in Berlin. Die Clownsarbeit ist ihr das Liebste, da sie dazu herausfordert, mit wenig Mitteln auf der Bühne sehr präsent zu sein. Nach Abschluss der Schauspielschule beginnt 2006 ihr Engagement am Badischen Staatstheater.

„Ich habe hier in Karlsruhe tolle Regisseure und Kollegen getroffen, die mir fehlen werden“, sagt Martens. „Ab Sommer werde ich hoffentlich ganz viel drehen, das macht mir auch sehr viel Spaߓ, sagt die Schauspielerin. Vor der Filmkamera stand sie bisher unter anderem für ZDF-Serien sowie für eine kleine Szene im SWR-Tatort „Das schwarze Haus“, der voraussichtlich Ende 2011 ausgestrahlt wird.

Derzeit probt Annika Martens das Kinderstück „Zu Besuch“ von Lothar Kittstein, das am 28.5. in der Nancyhalle seine Uraufführung hat. „Ich bin darin eine alte Frau, ein Traumgespenst, das zum Beispiel Dinge verschwinden lässt, mal sehen, ob ich das kann, Kinder unterhalten“. afr