Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 05.2011
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Klangkörper Helmholtz-Gymnasium

Hauptsache Musik

Ein buntes Treiben herrscht auf dem Hof des Helmholtz-Gymnasiums in der Kaiserallee. Die Fußball spielenden, lernenden und herumalbernden Schüler sind nicht anders als Schüler anderer Schulen. Doch diese hier vereint ein ganz besonderes Interesse: Die Musik.

Denn am Helmholtz-Gymnasium kann man nicht nur – einzigartig in Karlsruhe – ab der fünften Klasse ein Musik-Profil belegen, sondern auch an einem oder mehreren der insgesamt zehn Musik-Ensembles der Schule mitwirken. Musiziert wird in den verschiedensten Formationen – unterschieden nach Stil und Können der begabten Nachwuchskünstler: Drei Chöre, zwei Orchester, drei Big Bands, Combos und die AG Neue Musik und Komposition. Zahlreiche Preise haben diese Ensembles bereits errungen; so erhielt der Kammerchor mit Stephan Aufenanger den 1. Preis beim Deutschen Chorwettbewerb und zusammen mit der AG Neue Musik und Komposition den Bundespreis der Kulturstiftung „Kinder zum Olymp“. Waltraud Kutz und ihr Unterstufenchor musizierten bereits vor Bill Clinton und konzertierten mit Christian Thielemann in Paris. Von 1100 Schülern sind über 500 musikalisch aktiv. Das spannende Angebot hat sich herumgesprochen, und so kommt es, dass einzelne Schüler inzwischen sogar aus Baden-Baden, Bruchsal oder der Pfalz täglich in die Weststadt pendeln.

Während man an anderen Gymnasien im Land oft nur einzelne profilierte Ensembles findet, sind hier die drei Bereiche Chor, Orchester und Jazz gleich stark vertreten. „Diese musikalische Breite in Verbindung mit durchweg hohem künstlerischem Anspruch findet sich ganz selten im Land“, so Hans Stiefel, Musiklehrer und Chor-/Orchesterleiter. „Besonders schön und wichtig ist es für uns, dass die alten gegenseitigen Abgrenzungen zwischen dem Jazz- und dem Klassiklager hier nicht mehr bestehen und die Ensembles verschiedener Stile sich gegenseitig inspirieren.“

Seinen Ursprung nahm das Musikprofil im Jahr 1971, als man an vier der heute 36 Gymnasien in Baden-Württemberg einzelne Klassen mit dem Kernfach Musik etablierte. „Früher wurde das Jungen-Gymnasium in Karlsruhe noch als ‚Rabauken-Schule’ bezeichnet – umso ungewöhnlicher, dass man gerade hier ein besonderes Musikprofil startete“ so Stiefel weiter. Mit diesem Musikprofil hielt zudem die Koedukation von Jungen und Mädchen Einzug. Eine tragende Rolle hatte der damalige Musiklehrer Paul Wehrle inne, gemeinsam mit dem Rektor jener Tage, Dr. Leonhard Müller; später prägte Musiklehrer Reinhard Kretschmann das Musikprofil 30 Jahre lang entscheidend mit. Paul Wehrle gründete als erstes Schul-Ensemble den bis heute renommierten Kammerchor, Religionslehrer Horst-Günther Rothe 1977 die erste Big Band. Ein Jahr zuvor entstand der Philharmonische Chor – neben dem Unterstufenchor heute das größte Ensemble.

40 Jahre sind seit Gründung dieses Musikprofils am Helmholtz-Gymnasium vergangen. Dieses Jubiläum wird natürlich gefeiert: Am 6.-8. Mai gibt es eine Feierstunde mit OB Fenrich, ein Konzert aller Ensembles im Tollhaus und schließlich ein Festkonzert im Staatstheater mit Reinhold Friedrich als Solist. Letzterer ist übrigens einer der diversen berühmten Absolventen des Helmholtz – ebenso wie die Landesjazzpreisträger Bodek Janke und Kristjan Randalu, Trompeter Thomas Siffling oder Pianist Christian Zacharias.

Ein wichtiges Element des Musikprofils stellen die Konzertreisen der Ensembles dar. Was sich nach touristischem Programm anhört, ist in Wahrheit harte Arbeit. Zum Beispiel siebzehn Konzerte innerhalb einer dreiwöchigen Südamerika-Reise, dazu reguläre Proben, Anspielproben, Transfers zu den Konzertorten und so weiter. Die intensiven Erlebnisse mit Menschen fremder Kulturen und konzentrierter Probenarbeit bilden dennoch die prägendsten Erfahrungen der Schüler; noch Jahre später geraten Ehemalige ins Schwärmen. Nach irreversiblen finanziellen Restriktionen in Zeiten der Wirtschaftskrise ist Rektor Hugo Oettinger umso erfreuter, dass die Konzertreise des Kammerchors im vergangenen Jahr nach Chile unter Leitung von Dr. Stephan Aufenanger komplett eigenfinanziert werden konnte. Neben Chile hat die Schule insbesondere Verbindungen nach Namibia, wo Rektor Oettinger einstmals Mathematik unterrichtete. Auch mit Amman gibt es Kontakte – so wird mit Unterstützung des Goethe-Instituts vom 4.-14. Juli ein Folklore-Tanzensemble aus Amman zu Gast am Helmholtz sein.

Natürlich sind die Ensembles der Schule aber auch in Karlsruhe selbst zu erleben. Zum Beispiel alle zwei Jahre in einem großen Konzert im Staatstheater – eine Reihe, die 2004 auf Einladung des Intendanten Achim Thorwald hin mit einer konzertanten Aufführung von Purcells Dido und Aeneas im Kleinen Haus begann. Sehr froh ist die Schule bei ihren diversen musikalischen Aktivitäten über Förderer wie dm und das Kulturamt der Stadt sowie Sponsoren wie die Sparkassen-Stiftung ‚Gutes tun‘.

Und wie geht es nun weiter mit der Musik am Helmholtz´ Das ist seit ‚G8‘ und anderer, für sich genommen positiver Entwicklungstendenzen nicht so einfach. Oft fehlt die Zeit für kurzfristige Zusatzproben, die musikalisch weit entwickelten Schüler der Stufe 13 ‚gibt es nicht mehr‘, und besonders Begabte erhalten immer früher außerhalb der Schule Unterricht in Musikhochschulen oder verdienen bereits ihr erstes Geld bei externen ‚Mucken’. „Noch mehr Ensembles wollen wir gar nicht unbedingt,“ meint Rektor Oettinger, „wenn wir das bisherige hohe Niveau unserer zehn Ensembles halten können, sind wir zufrieden und gut beschäftigt“. Natürlich steht in diesem Zusammenhang auch das Thema ‚Musikinternat’ im Raum, das ja bereits vor zwei Jahren höhere Wellen schlug. Angedacht war die Einrichtung eines integrativen Musikinternats, in Kooperation mit dem Badischen Konservatorium und der Hochschule für Musik. Jedoch präferierte die Landesregierung damals das Konzept eines separaten, neu zu gründenden Elite-Internats. Inzwischen ist es ruhig geworden um dieses Thema. Vorsichtige Hoffnung keimt nun angesichts der kommenden grün-roten Landesregierung auf: „Wir haben die Tür nicht zugemacht. Wir sind weiter offen für und überzeugt von unserem Konzept eines an unsere Schule angebundenen Musikinternats“, so Schulleiter Oettinger. ie >

Fr 6.5.2011, Feierstunde, Aula des Helmholtz-Gymnasiums, Kaiserallee 8, 19 Uhr
Sa 7.5.2011, ‚Helmholtz ist toll‘, Tollhaus, Schlachthausstrasse, ab 14 Uhr
So 8..5.2011, Festkonzert, Badisches Staatstheater, 16 Uhr