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Archiv: 10.2010
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Beim Barte des Propheten

Bild - Beim Barte des Propheten
Zur Erinnerung. Am 11.9.2001 wurden die beiden Türme des World Trade Centers in New York von islamistischen Terroristen zum Einsturz gebracht. Durch ihren eigenen Tod beglaubigten sie, dass sie ihre Tat im festen Glauben an Allah und ihre Belohnung im Paradies begangen haben. Das hat wie einige Anschläge zuvor und einige Anschläge danach, in Bali, London, Madrid, Mumbai usw. , weltweit Misstrauen gegenüber einer Weltreligion gesät, die offenbar auch noch im 21. Jahrhundert so wirkmächtig ist, dass ihre fanatischsten Anhänger im Namen ihres Gottes töten und sich töten lassen. Schon zuvor gab es die Fatwa gegenüber Salman Rushdie, ausgesprochen von Ayatollah Chomeni, der alle tapferen Muslime aufforderte, den Gotteslästerer zu töten und die, die mit ihm und seinem Buch zu tun haben. Rushdie lebt noch, obwohl die Fatwa nicht aufgehoben wurde. Aber viele andere bezahlten dafür mit dem Leben, dass der Schriftsteller in seinem Buch „Satanische Verse“ angeblich den Koran und den Propheten Mohammed beleidigt hat. Ja, ja, ich weiß, das ist alles bekannt. Aber da es bekannt ist, frage ich immer wieder, wie es denn unter diesen Voraussetzungen allen Ernstes möglich sein soll, sich dem Islam unbefangen zu nähern. Man stelle sich einmal vor, was für einen Stand und Ansehen das Christentum in der nichtchristlichen Welt hätte, wenn ähnliche Gräueltaten in jüngster Zeit von Christen vollbracht worden wäre, wenn z.B. eine christliche Terrorzelle im Namen von Jesus den neuen Wolkenkratzer von Dubai zum Absturz gebracht hätte, wenn ein Schriftsteller in Todesangst leben müsste, weil ihn ein christlicher Würdenträger wegen angeblicher Beleidigung des Christentums zum Freiwild für alle rechtgläubigen Christen erklärt hat. Die Verbrechens des Christentums sind bekannt, Kreuzzüge, Inquisition, die blutigen Fehden zwischen Katholiken und Protestanten, das Segnen von Waffen und und und.... Aber sie gehören – Gott (oder wem auch immer) sei Dank – der Vergangenheit an wie auch die Behandlung der Frauen als eine Art Besitz des Mannes. Dass es noch so etwas gibt wie ein fundamentalistisches Christentum registriert der gewöhnliche Christenmensch, der Gott in der Regel einen guten Mann sein lässt und die Kirche, wenn überhaupt vor allem an hohen Feiertagen aufsucht, leicht befremdet und abgestoßen, wenn z.B. wie zum 11.9. ein evangelikaler Prediger die Verbrennung von Koran-Büchern androht. Wohlgemerkt: Es geht um die Verbrennung von Büchern, nicht von Menschen, und schon steht die halbe Welt Kopf, der islamische Teil in präventiver Erregung wegen des zu erwartenden Frevels, die christlich-säkulare Welt in vorauseilender Angst wegen der zu erwartenden Gewalttätigkeiten zutiefst beleidigter Muslime, die sich nicht etwa, gegen den Koranverbrenner selbst richten würden, sondern gegen die Nichtgläubigen, derer sie habhaft werden könnten: Seien es Touristen, Soldaten, zivile Helfer, die wahrscheinlich wie die meisten normalen Menschen den Zündler im Namen Gottes am liebsten in eine Gummizelle stecken würden. Mag sein, dass die Ängste im Westen übertrieben waren, aber vielleicht erinnert sich auch noch einer daran, dass in Folge der Regensburger Rede des Papstes eine Nonne in Somalia ermordet wurde, ein wahrhaft schlagendes Argument für die vom Papst angeblich in Abrede gestellte Gewaltlosigkeit des Islams. Wohlgemerkt: Ich halte die meisten Muslime für friedfertige Menschen, die einfach ihr Leben leben wollen, mehr oder minder nach den Geboten des Koran, einem Schriftwerk aus dem siebten Jahrhundert, dessen ungefilterte Übertragung auf das Leben in unserer Zeit fast notwendigerweise mit den Verhältnissen in einer modernen säkularen Gesellschaft kollidieren muss. Wie auch ein Leben nach biblischen Regeln sich schlecht mit der uns umgebenden Realität vertragen würde. Ich weiß, dass es junge, aufgeklärte deutsche Muslime gibt. In der Debatte um die Thesen des Thilo Sarrazin wurden einige Musterexemplare davon als leibhaftige Argumente gegen Islam-Ängste ins Feld geführt, gerade so als könnte ein Arbeitersohn, der es zum Universitätsprofessor gebracht hat, durch seine Existenz die Mängel unseres Bildungssystems widerlegen. Ich weiß auch, dass es im Koran sehr menschenfreundliche Suren gibt, “Wer einen Menschen tötet, tötet eine ganze Welt“ etwa, es gibt aber auch unleugbar die Aufforderung die Ungläubigen zu töten, wo man sie trifft. Ich habe im Radio einem sehr interessanten Streitgespräch zwischen gebildeten Muslimen und Islamwissenschaftlern zugehört, die sich darüber unterhielten, wie diese Sure erstens zu übersetzen und zweitens zu interpretieren sei. Erwähnt wurde der Kontext, in dem sie entstanden ist, die besonderen kriegerischen Umstände. Die Frage stellt sich mir dabei nur, ob solche Differenzierungen auch in den Köpfen junger Koranschüler Platz finden, denen der Koran Sure für Sure eingepaukt wirkt, oder in den Reden islamischer Prediger. Wer kennt als Christ, Agnostiker oder Atheist schon die verschiedenen theologischen Ausdeutungen des Neuen und des Alten Testaments und doch hat sich gerade im Lauf der letzten Jahrzehnte in unserem Kulturkreis die Erkenntnis auf breiter Ebene durchgesetzt, dass Gottes Wort eben nicht beim Wort genommen werden kann, dass die Heilige Schrift keine Anleitung zum Leben, sondern allenfalls eine Quelle der Erkenntnis ist. Wenn die Muslime in Deutschland den Koran eben so sehen könnten, dann könnte es klappen mit dem Zusammenleben in unserer Gesellschaft, wenn nicht, dann eher nicht. Davor muss man keine Angst haben, aber man kann.