Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 10.2010
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José Cura

Tenor, Regisseur, Bühnenbildner

Mit dem Argentinier José Cura hat das Badische Staatstheater derzeit nicht nur einen Weltstar als Tenor zu Gast, sondern auch einen bodenständigen und äußerst vielseitigen Künstler, der von sich sagt, er habe seinem Leben vom Bodybuilder bis zum Schreiner schon alles mögliche gemacht. In der Camille-Saint-Saens-Oper „Samson und Delila“ (Premiere 15.10.) zeichnet er sich für Regie und Bühnenbild verantwortlich und singt die männliche Titelrolle selbst.

Sie haben erst spät begonnen, sich für Oper zu interessieren. Wie kann man mit Oper jüngere Menschen begeistern´

Cura: In den Zwanzigern ist doch nicht spät... Vater von zwei Teenagern und einem jungen Mann von 22 zu sein, hat mich gelehrt, dass man nur, wenn man von Herzen spricht, die Menschen, und zwar aller Altersstufen erreicht.

Wie kam es dazu, dass Sie ”Samson and Delilah“ in Karlsruhe inszenieren´

Cura: Ich bin ein Profi, der seine Aufgabe an einem professionellen Haus verrichtet. Die Tatsache, dass dieses Theater nicht gerade in einer der Metropolen steht, ändert nichts an der Tatsache, dass das Badische Staatstheater ein sehr, sehr gutes Haus ist. Wenn Sie dazunehmen, dass ich schon in der ersten Probenwoche wundervolle Beziehungen beruflicher Freundschaft zu allen in diesem Theater von der Pforte bis zur Direktion geknüpft habe, werden Sie verstehen, warum ich hier so gerne arbeite.

Sie haben den Samson in unterschiedlichen Inszenierungen gesungen. Was ist ihr persönlicher Zugang zu dieser ja nicht allzu häufig gespielten Oper´

Cura: Samson ist eine harte Nuss. Das Libretto ist durch seine „alttestamentarische“ Sprache an manchen Stellen übertrieben und die großartige Musik von Saint-Saens wurde durch ihre Verwendung in Hollywoodschinken gefährlich in die Kitsch-Nähe gerückt. Die Herausforderung ist, die Botschaft einer Geschichte auf die Bühne zu bringen, die zwar dreieinhalbtausend Jahre alt, aber - leider - immer noch aktuell ist: Das Töten im Namen eines Gottes, ist doch - welcher Religion man auch anhängen mag - in einer von Technologie regierten Welt barbarisch anachronistisch, oder etwa nicht´ In dieser verrückten Situation, in der keiner etwas gewinnen kann, habe ich entschieden, Kindern meine Botschaft der Hoffnung auf Liebe überbringen zu lassen. Kinder beider Völker des Konflikts, die miteinander spielen wollen, während die Erwachsenen versuchen, sie auseinander zubringen. Kinder, die nicht zögern, sich vor den Lauf eines Gewehrs zu stellen, um ihre Freunde zu schützen, egal welchem Volk oder welcher Religion sie angehören.

Wie ist es, gleich in drei Positionen an einer Produktion beteiligt zu sein´

Cura: Bühnenbildner und Regisseur eines Stückes zu sein, in dem man selbst als Sänger auftritt, ist so erschöpfend wie alle erfüllenden Aufgaben. Man hat keine Möglichkeit, der Müdigkeit nachzugeben, man muss als erster ins Theater kommen und es als letzter wieder verlassen. Tatsächlich sind ich und mein Team an vielen Abenden mit den letzten Kantinenmitarbeitern gegangen, und die Nachtwächter haben hinter uns abgeschlossen: das ist ermüdend, gibt aber ein beglückendes Gefühl der Zugehörigkeit. Das kann man nur durchstehen, wenn man im Vorfeld alles sehr gut vorbereitet hat und keine Zeit und Energie mehr in Dinge verlieren muss, die man schon früher hätte klären oder erledigen können. Man muss einen sechsten Sinn dafür entwickeln, sich vorzustellen, wie es von draußen aussieht, wenn man selbst auf der Bühne ist. Man braucht Vertrauen in sein Team und die KollegInnen und muss auf ihren Rat hören, damit am Ende alle auf ihren Anteil und ihre Rolle in dem Gesamtbild stolz sind. Dazu kommt noch eine Menge anderes, schließlich natürlich eine nie versiegende Energie...

Können Sie das Arbeiten an einem deutschen Opernhaus mit den Erfahrungen in anderen Ländern vergleichen´

Cura: Das könnte ich schon, aber es wäre nicht sehr höflich. Es genügt zu wissen, dass es keinen perfekten Ort gibt. Alle Theater haben ihre positiven und ihre negativen Seiten, und es ist die Aufgabe des „erwachsenen“ Regisseurs, diese Dinge zu fühlen, zu schmecken, und zu wissen, wie man auf dem Wellenkamm schwimmt.