Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2010
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Der heilige Sebastian

Bild - Der heilige Sebastian
Es gibt Menschen, die sind so gut, dass einem in ihrer Gegenwart schlecht wird. Einer davon heißt Sebastian Frankenberger.

Der relativ junge Mann hat schulterlange Haare und ein Milchbubi-Gesicht, das man auch als ein Arschgesicht in spe bezeichnen könnte, wenn das nicht unter der Gürtellinie und ehrverletzend wäre. Herr Frankenberger hat in den letzten Wochen Schlagzeilen gemacht als Initiator eines Volksbegehrens, das ausgerechnet in Bayern zu einem totalen Rauchverbot in Kneipen und Bierzelten führte. Dabei gab es dort davor, wie schon in den anderen Bundesländern ein weitgehendes Rauchverbot für Gaststätten. Aber dem bekennenden Gutmenschen und Apfelschorle-Trinker Frankenberger ging das nicht weit genug. Am Wahlabend jubelte er ob des überraschenden Triumphs, der nicht zuletzt darauf basierte, dass die Nichtraucher die Sache wesentlich ernster nahmen als die Raucher und die vielen nicht oder nur gelegentlich rauchenden Menschen, die mit der Regelung davor keine Probleme hatten.

Jetzt würden viele Gastwirte das Bürscherl, das im Leben noch nicht viel auf die Reihe gebracht hat, am liebsten in der Pfeife rauchen, aber das ist ja nun mal zumindest im Lokal verboten. Und der gute Mensch von Passau wundert sich öffentlich darüber, warum ihm in diversen Gaststätten Hausverbot erteilt wurde und ihm eine feindselige Stimmung entgegenschlägt, wenn er sich anschickt, begleitet von Kameras, eine der Kneipen aufzusuchen, die er mit dem Entscheid an den Rand des Ruins gebracht hat.

Warum fanatische Nichtraucher - das heißt Menschen, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben als nicht zu rauchen - nun auch noch ausgewiesene Raucher-Lokalitäten aufsuchen müssen, bleibt ihr Geheimnis. Kein Geheimnis macht der glaubensstarke Studienabbrecher und Gelegenheitsjobber daraus, dass er die ganze Welt verbessern möchte. Und wie kann man da die ohnehin vom Leben und vom Kettenrauchen gezeichneten Kneipengänger ihrem Schicksal überlassen´ Auch wenn die eigentlich gar nichts anderes wollen als in Ruhe bei ein paar Bierchen und dem üblichen Plattitüdenaustausch unter Freunden, die so fertig sind wie man selbst, dem finalen Lungenkrebs entgegenzudämmern (der übrigens dem Gesundheits- und Rentensystem wesentlich billiger zu stehen kommt als das lange Rentnersein und die nicht endenwollende Krankenversorgung der nichtrauchenden Gesundheitsfanatiker).

Man sieht: Ich bin kein Raucher, noch weniger aber bin ich ein Nichtraucher, ein Taliban der vermeintlichen Volksgesundheit, der mit Feuer und Schwert und Volksentscheid für eine bessere, rauchfreie Welt eintritt. Dabei sind Genussmittel dazu da, das Leben erträglicher zu machen, einen gnädig verhüllenden Schleier über die Unzuträglichkeiten der Welt und die Mühsal der eigenen endlichen Existenz zu werfen. Einem selbsternannten Lichtbringer wie Sebastian Frankenberger, der laut eigener Aussage die ganze Welt verbessern möchte, leuchtet so etwas nicht ein. Er ist innerlich so aufgeräumt wie eine leere Kirche, seine Vorstellung von einer besseren Welt dürfte einem immerwährenden ökumenischen Kirchentag gleichkommen.

Man kann den Mund gar nicht so weit aufreißen, wie man gähnen möchte angesichts dieser Vorstellung. Wer wissen will, warum Gutmensch ein Schimpfwort geworden ist, der sehe und höre sich Sebastian Frankenberger an, diese schwer erträgliche Mischung aus Oberschlumpf und Messias, der allerdings nicht nur in meinen Augen in einem ganz anderen Licht erscheinen könnte, wenn er seine Weltverbesserungsabsichten nicht ausgerechnet am armseligen, gesellschaftlich ohnehin geächteten Häuflein der deutschen Raucher festmachen würde: Wie wäre es z.B. mit der Durchsetzung eines Rauchverbots für die russischen Wälder´