Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2010
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Asche zu Asche

Bild - Asche zu Asche
Was für ein Frühling! Auf einen langen Winter folgte ein sonniger April und ein regnerischer Mai. Verkehrte Welt! Aber mehr noch als die Wetterkapriolen machen uns die Katastrophennachrichten aus nächster Nähe und aus aller Welt zu schaffen, die bei aller Unterschiedlichkeit auf einen Begriff zu bringen sind und der lautet: Asche.

Asche im eigentlichen Sinne schleuderte ein isländischer Vulkan in den Himmel und verhagelte damit die Reisepläne von Millionen Menschen und die Bilanzen zahlreicher Fluggesellschaften.

Um Asche im Sinne von Kohle, Mäusen, Zaster, man könnte auch sagen Geld - und zwar in unvorstellbar großen Mengen - geht es bei der Rettung des maroden EU-Landes Griechenland. 750 Milliarden (in Zahlen 750.000.000.000) Euro umfasst der Rettungsschirm, dafür müssen, so hat das Statistische Bundesamt ausgerechnet, ein Dutzend Omas drei Trillionen Jahre lang stricken.

Asche auf ihr Haupt (natürlich nur im übertragenen Sinne, wie würde das sonst aussehen) streuen derzeit die katholischen Kirchenoberen wegen der Aufdeckung von immer mehr Missbrauchsfällen in ihren Lehr- und Erziehungsanstalten. Die meisten Fälle liegen schon lange Jahre zurück, aber das bedeutet eben auch, dass das Schweigen darüber, das Unter-den-Tisch-Kehren sich über Jahre hingezogen hat. Und das ist die zweite, die eigentliche Schuld der Katholischen Kirche, die nicht für jedes Fehlverhalten ihrer Diener verantwortlich gemacht werden kann, aber sehr wohl dafür, wie sie damit umgegangen ist und immer noch umgeht. Wer Straftaten nicht anzeigt, Verbrechen nicht verhindert, macht sich selbst mitschuldig, auch im juristischen Sinne. Die Katholische Kirche hat sich beim kircheninternen Umgang mit dem Geschehenen außerhalb des Rechtsstaats gestellt, dafür verdient sie abgestraft zu werden. Der Fall des Bischofs Mixa, der ja neben dem Abwatschen von Schutzbefohlenen auch noch Geld veruntreut haben soll, zeigt, dass kirchliche Würdenträger offenbar von der Polizei und der Justiz wenig zu befürchten hatten. Im Freistaat Bayern wundert einen das nicht. Wer weiß, wie viele von Mixas Brüdern im Geiste und im Handeln schon zu Grabe gelassen wurden, ohne dass ihre Missetaten ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind.

Dass sie vor einer himmlischen Gerichtsbarkeit Rechenschaft ablegen mussten, darf man bezweifeln. Die Aufdeckung der Mißbrauchsfälle, die ja ein globales Phänomen sind, lässt unseren deutschen Papst älter aussehen als er eh schon ist. Joseph Ratzinger ist zweifellos beredt, aber Mitleid und Mitgefühl auszudrücken ist die Sache dieses kaltblütigen Büchermenschen nicht. Sein offenkundiges Vorhaben wieder so etwas wie die Deutungshoheit der Katholischen Kirche in Sachen Ethik und Sexualmoral in Europa herzustellen, ist damit wohl endgültig gescheitert – und das ist das Beste am ganzen Schlechten.

Das Positive am isländischen Vulkanausbruch und seinen aeronautischen Folgen liegt auf der Hand und wurde doch selten erwähnt. Für ein paar Tage lagen die Schadstoff- und Lärmemessionen durch den Flugverkehr in einigen Landstrichen bei Null (wobei ich allerdings nicht recht weiß, wie die Schadstoffbilanz des Vulkanausbruchs aussieht). „Danke Eyjafjallayökul“ stand auf dem Ortsschild einer Gemeinde in der Nähe des Frankfurter Flughafens. Dank Eyjadingbums durfte man als gewöhnlicher Fußgänger, Straßenbahnbenutzer, Bahn- und Autofahrer daheim am Bildschirm staunend wahrnehmen, wie viele Menschen Tag für Tag ins Flugzeug steigen, um Urlaub zu machen oder ihren Geschäften nachzugehen.

War nicht irgendwann davon die Rede, dass Videoschaltungen und Internetkonferenzen persönliche Zusammenkünfte von Geschäfts- und Verhandlungspartnern überflüssig machen würden. Pustekuchen! Die Herrschaften aus den Chefetagen und den Etagen knapp darunter fliegen immer noch lieber selbst. Das ist ihr Privileg, der Sitz in der Businessclass ist das Markzeichen der Herrschaftsübung der Global Player (der Film „Up in the Air“ gibt einen recht aufschlussreichen Einblick in die Denkart solcher Leistungsträger, die sich im größten Flughafenterminal besser zurechtfinden als gewöhnliche Sterbliche im Karlsruher Bahnhof) und ihres gutversorgten familiären Anhangs, für den ein spontaner Wochenendausflug nach London oder New York einfach zur Lebensqualität gehört.

Wie schön, dass ihr Leben trotz allen Geldes, aller Aktienpakete und Schlammpakete sowie aller Anstrengungen der Schönheitschirurgie nicht ewig währt. Der gemeine Mann (womit auch die Frau gemeint ist) sollte es da halten, wie der schlichte schwäbische Geselle in Hebels Geschichte „Kannitverstan“ der mit guten Appetit ein Stück Limburger Käse verzehrt, während er an den reichen Kaufmann Kannitverstan denkt, „an sein großes Haus, an sein reiches Schiff und an sein enges Grab“. Asche zu Asche.

Oder sollte man es vielleicht doch nicht allein isländischen Vulkanen überlassen, die hohen Herren (und Frauen) vom Himmel zumindest gelegentlich auf den Boden der Tatsachen und der irdischen Mühsal zurückzuholen´!