Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 10.2009
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Diskussion um Kombi-Losung

Karlsruher Modell

Weltweit wird das Karlsruher Modell als Erfolgsgeschichte gefeiert. Seit im Jahr 19992 die Zweisystemfahrzeuge erstmals aus der Innenstadt heraus auf bei Durlach auf die Bahngleise in Richtung Bretten abbogen, gibt es im Prinzip keine Grenzen mehr. Das Netz wurde nach Baden-Baden, Bruchsal, Wörth und Freudenstadt ausgebaut und stets übertrafen die Fahrgastzuwächse die zuvor erstellten Prognosen. Das Karlsruher Modell wurde zum Markenzeichen, das seither weltweit beachtet und kopiert wird.

Doch der Erfolg hat seine Schattenseiten. Die Fußgängerzone mutierte bald schon zur Straßenbahn-Staustrecke, als Lösung schlugen die Verkehrsbetriebe deshalb den Bau eines Stadtbahntunnel unter der Kaiserstraße vor. Der erste Anlauf scheiterte 1996 per Bürgerentscheid. Knapp 63.000 Karlsruher mochten nicht einsehen, weshalb viel Geld für einen Röhre ausgegeben werden soll, ohne dass die Innenstadt dadurch straßenbahnfrei würde. Erst die Kombilösung, die die Innenstadt zur echten Fußgängekrzone machen würde und gleichzeitig ein Autotunnel in der Kriegstraße samt oben liegender Straßenbahntrasse vorsieht, brachte den Simmungsumschwung. 2002 stimmten 82.000 dem Vorhaben zu, „nur“ 66.000 Stimmen waren gegen die Kombi.


Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Die Tunnelgegner haben bei der jüngsten Kommunalwahl zugelegt, gleichzeitig steigen die Ängste mancher Geschäftsleute in der Fußgängerzone. Hinzu kommt die Finanzkrise und nicht zuletzt die Katastrophe von Köln, wo das Stadtarchiv in der Tunnelbaustelle versank. Ein neues Bürgerbegehren soll deshalb das Projekt kurz vor dem endgültigen Baubeginn doch noch stoppen. Rund 7.000 Unterschriften hatten die Gegner der U-Strab bereits Mitte September gesammelt, rund vier Wochen blieben damals noch bis zur selbst gesetzten Frist, um insgesamt mindestens 20.000 Karlsruher zur Unterschrift unter das entsprechende Papier zu bewegen.

Ob das Bürgerbegehren jedoch überhaupt zulässig ist, ist bisher offen. „Nicht nur die U-Strab, die Planung insgesamt würde gestoppt und man müsste das Verfahren komplett neu aufrollen.“ Mit vielen Fragezeichen, nicht nur finanzieller Natur. Denn ob das Regierungspräsidium etwa einen straßenbahnfreundlichen Kriegstraßenumbau genehmigen würde, ist mehr als fraglich, denn dieser wäre mit Nachteilen für die Autoverkehr auf der B 10 verbunden.


Im Grunde genommen geht es aber vor allem um das liebe Geld. „Wir glauben, dass die Kombilösung deutlich teurer wird, als bisher behauptet“, sieht Stadtrat Johannes Honné von den Grünen zu viele Unwägbarkeiten. Zumal exakte Zahlen noch nicht vorgelegt wurden. „Wieso zeigt man die Zahlen nicht, wenn man nichts zu verbergen hat´“, stellt Honné die rhetorische Frage, um sie mit Erfahrungswerten von anderen Baumaßnahmen zu beantworten. Tunnelbauten würden normalerweise nun mal rund 40 Prozent teurer, als ursprünglich geplant.
Natürlich verwundert es sehr, dass ausgerechnet die Grünen sich so vehement gegen ein Nahverkehrsprojekt stemmen. Tatsächlich glauben viele in der Ökopartei aber, dass der Tunnel dem Nahverkehr sogar schaden wird. Die Probleme in der Kaiserstraße würden lediglich unter die Erde verlagert, um aber die steigenden Fahrgastzahlen bewältigen zu können, reiche der Ausbau der Kriegstraße. Da die Kosten des Kriegstraßenumbaus mit Sicherheit nicht höher seien, als der Eigenanteil der Stadt bei der Kombilösung, könne man diesen auch ohne Zuschüsse bewältigen.

Andere Tunnelgegner sehen die Lösung des Problems in einer Änderung der Linienführung. Peter Theilacker von der Stadtapotheke fragt sich, weshalb „Riesen-Bahnen“, wie jene von Bretten nach Baden-Baden, durch die Innenstadt fahren müssen. „Man kann den Fahrgästen doch zumuten, am Hauptbahnhof umzusteigen“, ist seine durchaus populäre Lösung. Was für Honné jedoch nur sehr bedingt eine Lösung wäre, denn man bekäme dann wieder sogenannte „gebrochene“ Verkehre und die stünden im Widerspruch zum Karlsruher Modell, das doch gerade wegen seiner umsteigefreien Verbindungen in die Stadt zum international gefeierten Erfolg wurde.

Tatsächlich sind die Ideen, wie der Karlsruher Nahverkehr auch ohne Tunnel funktionieren könnte, so vielfältig wie die gegen das Bauwerk kämpfenden Gruppierungen. „Was uns eint ist allein der Widerstand gegen den Tunnel“, stellt Honné nüchtern fest und Theilacker sagt, man könne jede Alternative diskutieren, „Hauptsache der Tunnel kommt nicht.“ Dem „Stadt-Apotheker“ geht es um seine Existenz, denn er fürchtet während der Bauzeit Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent und nach Bauende werde es nicht viel besser. „Wer im Tunnel hockt, bleibt unten“, werde die Laufkundschaft künftig weg bleiben. Gerade die kleinen Geschäfte abseits der Haltestellen würden dies zu spüren bekommen.


Ein Argument, das laut Tunnel-Befürworter Eberhard Fischer von der Karlsruher Liste (KAL) durch nichts gedeckt ist. „Ich war 1996 gegen den Tunnel, weil wir damals keine reine Fußgängerzone bekommen hätten. Jetzt bin ich für den Tunnel, denn dann fahren keine Straßenbahnen mehr in der Kaiserstraße, was die gesamte Fußgängerzone aufwerten wird.“ Fischer ärgert sich vor allem, dass das Bürgerbegehren so spät auf den Weg gebracht werden soll. „Die Tunnelgegner hatten jahrelang Zeit. Das Projekt jetzt noch zu stoppen, nachdem bereits 15 Millionen Euro ausgegeben wurden und nachdem die Zuschüsse genehmigt sind, wäre Wahnsinn.“ Karlsruhe würde sich unglaubwürdig machen bräuchte auf Jahrzehnte hinaus keine Zuschüsse mehr beantragen.
Wenn das Projekt noch gestoppt werden sollte, dann müsste dies der Gemeinderat tun. Etwa wenn die Kosten davon laufen oder sich die Finanzlage der Stadt drastisch verschlechtert. Zu beiden Punkte würden spätestens im Oktober neue Zahlen vorgelegt, so lange müsse man sich gedulden. Fischer geht aber davon aus, dass es keine bösen Überraschungen geben wird und damit ist für ihn klar, dass nur die Kombilösung eine Lösung ist. „Weshalb soll man viel Geld allein für den Kriegstraßenumbau ausgeben, wenn man für ein bisschen mehr Geld die gesamte Innenstadt umbauen kann´“ - wh