Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 04.2009
Verschiedenes Meldungen

 

Weichenstellung für Kultur

Gemeinderat entscheidet

Wenn der Gemeinderat am 21. April über den Doppelhaushalt 2009/2010 beschließt, geht es für eine ganze Reihe freier Kulturträger der Stadt um Top oder Flop. Wohl selten zuvor ging es mit ungewissem Ausgang für so viele um so viel Geld, das Weichen für die Zukunft stellen soll. Während Kostensteigerungen bei Großprojekten von Spaßbad bis U-Strab in der Regel mit einem bedauernden Schulterzucken durch gewunken werden, müssen die Kleinen zittern. Selbst wenn eine bei der gegenwärtigen Gemeinderatszusammensetzung häufig mögliche hauchdünne Mehrheit wahrscheinlich erscheint, muss bis zum letzten Moment gebangt werden. Denn wenn nur ein Rat oder eine Rätin durch Krankheit verhindert sein sollte, kann mit einem Abstimmungspatt alles futsch sein.

Das Kino will in die Kurbel

Die Lösung aller seit Jahren schwelenden Probleme sieht die Kinemathek mit ihrem im Keller des Prinz-Max-Palais eher notdürftig untergebrachten Kino seit dem vergangenen Herbst vor Augen. Vom traditionsreichen Kino „Die Kurbel“ in der Kaiserpassage kam das Angebot, mit in das unter der anhaltenden Misere der Innenstadtkinos leidende Haus zu ziehen und mit dem Studio 3 erstmals einen regelrechten Kinosaal zu bespielen. Das freilich ist für das Team der Kinemathek nur dann möglich und attraktiv, wenn das von dem früheren Betreiber Ufa „kaputt gebaute“ Erdgeschoss restauriert wird. Der Finanzbedarf liegt bei 600.000 Euro, wobei ein Drittel aus Landesmitteln als sicher gilt. Von der Stadt wären 400.000 Euro vonnöten. SPD, Grüne, KAL unterstützen dies mit eigenen Anträgen. Von CDU und FDP gibt es positive Signale, so dass zu hoffen ist, dass die Kinemathek Anfang Mai auf dieses Angebot zugreifen kann. Schließlich wäre nach zwei Jahrzehnten Hickhack auf der Suche nach einer würdigen Bleibe eine Lösung überfällig, der nebenbei auch Bedeutung für den Erhalt einer attraktiven Innenstadt beikommt. Bewahrt sie doch ein weiteres Innenstadtkino vor dem Aus.

Substage und Tollhaus bauen

Der kommenden U-Strab weichend soll der Karlsruher Rockclub durch den laufenden Umbau der Schlachthalle seine neue Bleibe im so genannten Kreativpark auf dem ehemaligen Schlachthofareal finden. Durch Verteuerungen von Abbruch und der notwendigen Betonsanierung, durch Auflagen des Schallschutzes und der Energiedämmung sowie den städtischen Wunsch nach einer höherwertigen Fassade wird sich der bisher auf 1,8 Millionen Euro kalkulierte erste Bauabschnitt um 412.000 Euro verteuern. Ohne weitere Mittel wird das Substage, das in erheblichem Maße auch Angespartes und Eigenleistungen einbringt, überdies sein Publikum durch Spenden und Benefizkonzerte zur Unterstützung bei der Innenausstattung aufruft, den erzwungenen Umzug nicht bewerkstelligen.
Keine der politischen Parteien zweifelt daran. Doch während SPD, KAL, Grüne und der Vertreter der Linken für eine Zuschusserhöhung plädieren, wollen CDU und FDP wie von der Verwaltung vorgeschlagen lieber ein zinsloses Darlehen gewähren. Dies allerdings würde das Substage auf viele Jahre in seinem Handlungsspielraum empfindlich einschränken, und ein aus Eigenmitteln zu stemmender zweiter Bauabschnitt, der unter anderem eine zweite kleinere Spielstätte im dritten Geschoss des Gebäudes bringen soll, wäre auf unbestimmte Zeit nicht mehr denkbar.

Ganz ähnlich liegen die Dinge beim Tollhaus, das für den Neubau seines zweiten Saals einen Nachschlag von 720.000 Euro benötigt. Auch hier steht die Stadt im Wort und ist mit unvorhergesehenen Kostensteigerungen konfrontiert. Verschiedene Auflagen und ein Bodengutachten, das aufwändige Tiefergründungen und Entcontaminierung notwendig macht, haben im wesentlichen zu den Mehrkosten geführt. Auch hier würde ein Darlehen das Kulturzentrum über Jahre in seinen Entwicklungsmöglichkeiten behindern und Wagemut in der Programmgestaltung kaum mehr erlauben.

Tanzherbst für den Tempel

Vergleichsweise bescheiden dagegen ist der Wunsch des Kulturzentrums Tempel nach jährlich 35.000 Euro zum Ausbau seines Internationalen Tanzfestivals zu einem regelrechten Tanzherbst, der vor allem auch die freie Tanztheaterszene im deutschen Südwesten mehr vernetzen und präsentieren soll. Für das Kulturzentrum Tempel, das mit dem bisher mit sparsamstem Budget ausgerichteten Tanzfestival über die Region hinaus strahlt, gilt es, die eigene Stärke auszubauen und das Profil zu schärfen. Dies erscheint für die Tempelianer gerade auch im Hinblick auf die Probleme nach dem Verkauf des benachbarten Bau II an einen Privatmann von existenzieller Bedeutung. SPD, FDP und KAL treten mit eigenen Anträgen für den Tempel ein.

Strukturen für den Werkraum

Allseits unbestritten gute Arbeit macht seit drei Jahren der Werkraum, eine Theaterinitiative professioneller Schauspieler, die in Schulen und im Theaterbus mit brisanten Themen vor Ort zu seinem jugendlichen Publikum kommt. Während sich die einzelnen Projekte weitgehend durch Projektzuschüsse von Stiftungen und Kommune sowie durch Sponsorengelder finanzieren, wird die aufwändige Arbeit der Verwaltung und Antragstellung bisher ehrenamtlich erledigt. Dies hat den Werkraum an seine Grenzen gebracht, weshalb die SPD 95.400 Euro jährlich für die Übernahme von Personal- und Sachkosten beantragt. Grüne und KAL beantragen 50.000 Euro aus dem Kulturtopf, unter anderem deshalb, weil sie meinen, dass die Arbeit des Werkraum ebenso aus Sozialmitteln unterstützt werden solle.

Die Genannten freilich sind nicht die einzigen Einrichtungen der freien Kulturszene, die auf breite Unterstützung bei den Haushaltsabstimmungen hoffen, auch für die Gedok, das Sandkorn-Theater, das Filmboard, das Eine-Welt-Theater, die Tibet-Initiative, das Fest der Völkerverständigung und die Stummfilmtage des Vereins Déjà Vu wurden Anträge gestellt. Außerdem sollen, geht es nach den Vorschlägen von KAL und Grünen, die Mittel der Projektförderung um 25.000 Euro aufgestockt werden, was einer Verdoppelung gleich käme. jf