Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 12.2008
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Dear Mr. President

Bild - Dear Mr. President
Ehrlich gesagt: Ich persönlich würde nicht US-Präsident werden wollen. Zwei Kriege am Hals, die man nicht gewinnen, aber auch nicht so einfach beenden kann, Staatschulden in Höhe von - über den Daumen gepeilt - mehreren Trillionen Dollar, eine ausgewachsene Wirtschaftskrise. Und dann scheint auch noch Gott höchstpersönlich, an den über neunzig Prozent der US-Amerikaner ganz fest glauben, die Vereinigten Staaten alle Jahre wieder mit Plagen biblischen Ausmaßes heimzusuchen, mit Hurrikans und Überflutungen an der Ost- und Feuersbrünsten an der Westküste. Barack Obama soll jetzt alles richten und ganz nebenbei vielleicht auch die globale Klimakatastrophe abwenden und dabei gleichzeitig die US-Autoindustrie retten.

Es gibt ja Leute, denen es schon schwer fällt, morgens aufzustehen und zu einer Arbeit zu gehen, die sie weder geistig noch körperlich besonders fordert, Obama scheint dieses Problem nicht zu kennen. Wahrscheinlich geht er einfach nicht ins Bett. Und so geht es gleich nach dem aufreibenden Wahlkampf weiter, da wird nicht etwa mal ein paar Tage ausgespannt, Urlaub gemacht, um zu regenerieren, neue Kraft zu schöpfen. Der Mann ist noch nicht im Amt und dennoch Tag für Tag präsent auf der politischen Bühne. Das einzige, was mir an John McCain imponiert hat, dass er als 72jähriger diese Ochsentour durchgehalten hat, dass er dabei mit seinen Foltererlebnissen für sich zu werben versuchte, hat mich befremdet. Folter erleidet man, gleichgültig, ob man feige oder tapfer ist, ein politisches Amt strebt man aus freien Stücken und sehenden Auges an.
So nehmen wir staunend wahr, dass es tatsächlich einen offenbar recht intelligenten, noch relativ jungen Mann gibt, der das Kreuz auf sich nimmt, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, und der dabei auch noch lächelt.
Nach der herbei geredeten Wiederkehr der Religion, die glücklicherweise nicht stattgefunden hat, ist in letzter Zeit tatsächlich von einer Renaissance von Karl Marx die Rede. In dessen Weltbild war aber für den starken Mann, der alles zum Besseren wenden soll, nicht die Rede. Da bestimmte das Sein das Bewusstsein, das gab es Gesetzmäßigkeiten, denen die Geschichte folgt und keine Männer, die Geschichte machen.
Paradoxerweise befindet sich die Finanzkrise in großer Übereinstimmung mit Marxschen Geschichtstheorie. Der Schlamassel ist da. Viele Leute haben viel Geld verloren, Millionen Menschen, die guten Glaubens einem Bank- und Vermögensberater auf den Leim gegangen sind, stehen hilflos vor den Trümmern ihrer Existenz, und keiner will schuld daran sein. Es gibt keine Angeklagten, keine Verbrecher, die man zur Rechenschaft ziehen könnte, die großen Köpfe der Finanzbranche gehen in Deckung und überlassen den Politikern, die ihnen vorher in ihre Geschäfte nicht reinreden sollten, das Feld.
Es ist halt was schief gelaufen im System und die Politik soll es nun richten. Solche Unverantwortlichkeit im Negativen steht im groben Missverhältnis zu der Gestaltungsmöglichkeit und Verantwortung zum Positiven hin, die man einem Obama beimisst. Bei irgendeinem Philosophen habe ich mal gelesen „Das Ich und die Umstände gehören zusammen“, vielleicht bilde ich mir den Satz auch nur ein, auf jeden Fall erscheint er mir völlig einleuchtend.
Während die Verursacher der Finanzkrise, die zuvor das ganz große Rad gedreht haben, auf einmal so tun, als wären sie nur arme, kleine Rädchen in einem übermächtigen Getriebe gewesen, soll ein einziger nicht nur ihre Hinterlassenschaft aufräumen, sondern auch noch die diversen anderen Trümmer von acht Jahren Bush-Regierung. Angesichts solcher Umstände geht auch ein Super-Ego in die Knie.
Es ist so leicht vorherzusagen, dass Obama viele Hoffnungen enttäuschen wird, ja enttäuschen muss. Aber schön ist es schon, dass man sich wenigstens wieder Hoffnungen machen darf. Das wollte ich mal gesagt haben und jetzt, lieber Leser, heißt es, Weihnachtseinkäufe tätigen und zwar nicht zu knapp, damit die Weltwirtschaft wieder in Schwung kommt. Wie wäre es mit einem kleinen schnuckeligen Opel für die Oma und einem geräumigen Cadillac für die ganze Familie´ Die Dankbarkeit ihres Autoverkäufers ist Ihnen schon mal sicher.