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Archiv: 04.2008
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Rom im Staatstheater

Interview mit Achim Thorwald

Rom, die „Ewige Stadt“, Schatzkammer antiker Architektur und bedeutende Kulturmetropole der Gegenwart, steht im Blickpunkt der 19. Europäischen Kulturtage. Das Badische Staatstheater und die Stadt Karlsruhe beleuchten in ihrem seit 25 Jahren gemeinsam präsentierten Festival drei Wochen lang ein wiederum außerordentlich breit gefächertes Programm.

“Rom” im Badischen Staatstheater bietet ein pralles Paket vorwiegend klassischer Musik, modernen Ballets, vielfach politischen oder experimentellen Gegenwartstheaters und ein kurioses Musiktheater-Spektakel.
Schon vor mehr als 25 Jahren hieß der damals 28-jährige Komponist Giorgio Batistelli in einem Theater in Rom sechzehn Schreiner, Böttcher, Pflasterer, Schmiede, Scherenschleifer oder Schuster seines Heimatdorfs nach einer genau ausgeschriebenen Partitur ihr vom Aussterben bedrohtes Handwerk auszuüben und schuf mit “Experimentum Mundi” ein seither von Shanghai bis London in aller Welt aufgeführtes Musiktheater, das regelrechten Kultstatus genießt.
Nicht weniger spektakulär zu werden verspricht das Stadtinszenierungs-Projekt “Le Città Invisibile”, mit dem am 18. und 19. das Teatro Potlach mit Licht und Klang, Schauspielern und Musikern die Karlsruher Südstadt bespielt, um Karlsruhe mit römisch-italienischen Energien zu durchfluten.
Neben den stilistisch höchst unterschiedlich mit gesellschaftspolitischen Themen umgehenden italienischen Gastspielen begibt sich die Eigenproduktion “Shakespeare ROME! Democracy” im Bürgersaal des Karlsruher Rathauses quasi “vor Ort” auf die Recherche nach den Wurzeln der Demokratie.
Klappe Auf sprach mit Staatstheaterintendant Achim Thorwald.

Rom, eine Stadt mit einer derartigen Geschichte, theatralisch zu portraitieren, besteht da nicht die Gefahr sich von der Historie erschlagen zu lassen´

Achim Thorwald: Genau das ist der Punkt, den wir im Vorhinein ausgeschaltet haben, indem wir uns nicht auf die Antike selbst, sondern auf das Spannungsverhältnis von Gegenwart zur Antike, die Frage also zum Beispiel, wie die Menschen in dieser Stadt heute mit ihrem Erbe umgehen und damit leben, konzentrieren. So bieten wir im Ballett etwa einen sehr modernen tänzerischen Blick auf Stadt und Geschichte, auch die Oper “Julius Cäsar” bietet eine sehr ironische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und im Schauspiel haben wir ausschließlich Produktionen, die sich sehr kritisch mit der heutigen Situation auseinandersetzen.

Das Badische Staatstheater hat im Schauspiel in jüngerer Zeit gerne den Blick nach Frankreich oder etwa Skandinavien gewendet, italienische Stücke hingegen scheinen auf deutschsprachigen Bühnen derzeit keine Rolle zu spielen. Woran liegt das´

Thorwald: Das liegt vermutlich daran, dass es derzeit keine prägenden italienischen Theaterschriftsteller gibt. In Italien ist es mehr eine Frage, wie die Theater mit Stoffen umgehen. Dabei ist es bezeichnend, dass alle Stücke, die wir eingeladen haben von den Theaterensembles selbst erarbeitet wurden, das heißt großteils aus Improvisationen zu einer literarischen Form gekommen sind.

Bei Konzert und Oper ist das freilich kein Problem, aber wie vermittelt sich fremdsprachiges Schauspiel dem hiesigen Publikum´

Thorwald: Wir werden selbstverständlich alle Gastspiele übertiteln. Diesen Fehler haben wir nur einmal gemacht, als wir bei den Europäischen Kulturtagen zum Thema “Istanbul” zu sehr auf unsere türkischsprachigen Mitbürger gesetzt haben. Zumal das türkische Theater sich sehr stark auch durch den körperlichen und bildlichen Ausdruck vermittelt, wohingegen es im italienischen sehr entscheidend vom Wort geprägt ist.

Relativ kurz kommt die zeitgenössische Musik im Programm des Badischen Staatstheaters zu “Rom”. Warum´

Thorwald: Ich glaube, dass es nur ganz wenige interessante junge Komponisten derzeit in Italien gibt. Mit einem haben wir ja in den vergangenen Jahren beim Projekt “Credo” zusammengearbeitet, aber das schien uns diesmal kein Weg, das Thema “Rom” anzugehen. Mit den Opern “Julius Caesar” und “Tosca” oder der Musik von Ottorino Respighi haben wir genau die Repräsentanten, die für die Stadt Rom stehen.

Gibt es eine Veranstaltung, auf die sie sich bei den Europäischen Kulturtagen besonders freuen´

Thorwald: Ja, das ist “Experimentum Mundi”. Die Idee, ein Dorf durch seine Geräusche musikalisch lebendig werden zu lassen, finde ich genial. Aber es gibt so viele interessante Sachen, auf die ich sehr neugierig bin, insbesondere im Schauspiel, wo wir sehr unterschiedliche stilistische Ansätze zeigen. -jf

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