Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 02.2008
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Über kurze Filme, die zu lang sind

Haben Sie „Keinohrhasen“, die neue Komödie von und mit Til Schweiger, gesehen´ Die Frage können mittlerweile fast zwei Millionen Zuschauer mit „Ja“ beantworten. Ja, ich bin sogar sicher, dass die wahre Zuschauerzahl noch viel, viel höher ist.
Im Grunde haben alle, die in den letzten Wochen, ja Monaten im Kino waren, dieses herausragende deutsche Lustspiel gesehen, wenn auch nur in einer Kurzversion, die allerdings wenig zu wünschen übrig lässt.
Im Kinotrailer ist doch alles drin gewesen, inklusive Happyend: Boulevardreporter, der Mist gebaut hat, muss Sozialarbeit in einem Kindergarten leisten, trifft dabei Kindergärtnerin im Schlabberlook, die sich als gute alte Bekannte entpuppt, die ihn schon seit Kindertagen nicht ausstehen konnte - man neckt sich, man liebt sich, man geht zusammen ins Bett. Auch da scheinen die beiden sich prima zu verstehen, denn so erfährt man: Die Kindergärtnerin war im früheren Leben Leistungsturnerin.
Mit dem Trailer dürften dann auch weitaus mehr als die Hälfe der „Gags“ schon verfrühstückt sein. Ich will mich jetzt gar nicht weiter mit den Qualitäten dieses Films befassen, auch nicht mit den schauspielerischen Qualitäten von Til Schweiger, der doch eigentlich Til Nuschler heißen sollte. (Übrigens: Dass Til Schweiger, Jahrgang 63, und Nora Tschirner, Jahrgang 81, ein Paar spielen, das sich im Kleinkindalter gekabbelt hat, gehört zu den unfreiwilligen Lachnummern des Films).
Nein, es geht mir nicht darum, „Keinohrhasen“ zu kritisieren, sondern um die in letzter Zeit grassierende Unsitte im Trailer (fast) schon den ganzen Film zu verraten. Nur eins noch: Die Eltern, die angelockt von dem putzigen Titel mit ihren ahnungslosen Kindern ins Kino gegangen sind und sich dann schockiert über Sexszenen und die obszöne Sprache geäußert haben, müssen selbst ziemlich naiv und offenbar keine eifrige Kinogänger sein, denn eigentlich lässt der Trailer nichts anderes als eben dies erwarten.
Freigabe ab 6 bedeuten nicht, dass der Film etwas für Kinder ist, sondern dass sie ihn angucken können, ohne seelischen Schaden zu nehmen. Was nicht heißt, dass man über diese FSK-Freigabe nicht streiten kann. Trailer sollen Anreize schaffen in einen Film zu gehen, dafür reichen ein paar Sequenzen und ein paar Worte. So war es zumindest früher, mittlerweile muss man vor dem Hauptfilm mehrere Kurzfilme über sich ergehen lassen, die für kommende Kinoattraktionen werben sollen und dabei soviel davon offenbaren, dass man sich den ganzen Film eigentlich schenken kann.
Was ist der Zweck der kostspieligen und zeitraubenden Übung, die den Kinoabend lang und länger macht, erst kommt die Werbung, dann die Pause, dann die Trailerfilmrolle und schließlich und endlich nach etwas mehr als einer halben Stunde der Film, den man sehen wollte´
Offensichtlich haben die Filmfirmen beim Kampf um die Publikumsgunst in Sachen Trailer mächtig aufgerüstet nach dem Motto „Hier bekommen sie heute schon zu sehen, was sie sich in ein paar Wochen angucken sollen“ und so werden schon mal die Filetstücke des Films fein säuberlich angerichtet präsentiert, die besten Szenen, die aufregendsten Stunts, die witzigsten Gags.
Nach dieser üppigen Vorabinformation mag man sich den Film, dem sie gilt, erst gar nicht mehr antun, denn der kann gegenüber der komprimierten Fassung seiner Höhepunkte nur abstinken. Bei einigen Blockbustern, wie z.B. „Stirb Langsam IV“ und „Batman III“ ging das so weit, dass der Trailer im Grunde schon das Ende des Films vorwegnahm und dabei wollte man doch eigentlich wenigstens ein bisschen mitfiebern um Wohl und Wehe und die körperliche Unversehrtheit des Helden.
Die Rückseite dieser ausufernden Werbeschlacht besteht darin, dass das aufgeplusterte Lockmittel sich für viele als die eigentliche Attraktion erweisen könnte. Und um die sich anzusehen, muss man auch nicht ins Kino gehen.
Den Trailer seiner Wahl kann man sich bequem daheim im PC anschauen. Im Internet gibt es mittlerweile ganze Webseiten für Trailerfans, für die Freunde filmischen Fastfoods, die ihren vom ewigen Rumsitzen mählich fetter werdenden Arsch erst gar nicht ins Kino tragen; bei den vielen, frei Haus gelieferten Appetithäppchen hat es ihnen den Appetit aufs große Kino verschlagen. So liefert das Kino selbst die Nägel zum eigenen Sarg. Gründlicher kann eine Werbemaßnahme ihren Zweck nicht verfehlen.