Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 02.2017
Theater, Comedy, Show Theater und Show

 

Honig im Kopf am Kammertheater

Ernstes Thema, heitere Komödie?

2015 strömten mehr als sieben Millionen Menschen ins Kino, um sich von Til Schweigers dramatisch unterlegter Familienkomödie und Didi Hallervordens sensibler Darstellung eines demenzkranken Opas nachdenklich unterhalten zu lassen. Während sich der unberechenbare alte Herr für den Sohn und seine Ehefrau schnell zur peinlichen Zumutung entwickelt, ist der zunehmend schrullige Alte für die Enkeltochter nach wie vor der beste Opa der Welt, den sie zu einer abenteuerlichen Reise bis nach Venedig verleitet, wo er Oma vor vierzig Jahren den Hochzeitsantrag machte. Kammertheaterintendant Ingmar Otto inszeniert nun die auf dem Filmstoff basierende Theaterfassung von "Honig im Kopf“ mit dem ehemaligen Staatstheaterschauspieler Hannes Fischer in einer der beiden Hauptrollen. Ab dem 3. Februar steht "Honig im Kopf“ in der Nebenspielstätte K2 auf dem Programm. Klappe auf unterhielt sich im Vorfeld mit Schauspieler und Regisseur.

Herr Fischer, ist es eine besondere Herausforderung eine Rolle zu übernehmen, die kürzlich Didi Hallervorden auf den Leib geschrieben wurde, der diese Figur für Millionen Menschen im Kino prägte?

Hannes Fischer: Ich habe mir den Film jetzt doch angeschaut und muss sagen, dass mir das sehr zusagt, was Hallervorden da spielt, weil er sehr verantwortungsvoll mit seiner Figur umgeht. Das hätte man bei einem Komiker nicht unbedingt erwartet, aber es ist mir sehr wichtig, dass man diese Figur nicht verrät. Hallervorden hat sich dem auf seine Weise gestellt, ich werde dies auf meine tun. Vergleiche wird es immer geben, aber ich bin nun glücklicherweise nicht der Typ, den man mit Hallervorden verwechseln könnte.

Das Gedächtnis ist eines der wichtigsten Pfunde des Bühnenschauspielers. Inwieweit spielen Sie in diesem Stück auch mit ihren eigenen Ängsten?

Fischer: In meinem Beruf gibt es entweder Textangst oder nicht. Ich war in dieser Beziehung über 40 Jahre wahnsinnig gesegnet. Ich hatte Angst davor, bestimmte Situationen nicht adäquat darstellen zu können oder anderweitig meiner Rolle nicht gewachsen zu sein, aber nie hatte ich die Angst, der Text könnte mir entfallen. Dann gab es plötzlich Situationen, in denen Silben fehlten. Ich kenne diese Ängste und die Panik, die sich zur Phobie auswächst. Das hat sich bei mir glücklicherweise wieder gegeben, aber es ist nicht mehr so wie zuvor.

Til Schweigers Film war ein großer Erfolg und wurde überwiegend positiv von der Kritik aufgenommen. Es gab aber auch kritische Stimmen, die bemängelten, er verschweige die auch vorhandenen sehr dunklen Seiten dieser Krankheit und die soziale Realität der meisten Alzheimer-Kranken in der Gesellschaft. Wie gehen Sie in ihrer Inszenierung damit um?

Ingmar Otto: Ich finde diesen Einwand berechtigt, und es wird einem Spielfilm oder einem Theaterstück nicht gelingen, diese Krankheit und was für eine Belastung sie für Patienten und ihre Familien bedeutet, komplett darzustellen. Was Schweiger und Hallervorden aber geschafft haben, ist, dass sie die aus der Demenz für Familien erwachsenden Probleme einem breiten Publikum nahebrachten. Es ist ja ein Thema, das viele betrifft und jeden betreffen kann, das aber wie der Tod gerne ausgeklammert wird. Der Lösungsansatz des Films, offen zu bleiben, und die Dinge mit dem unvoreingenommenen Auge eines Kindes zu betrachten und die Menschlichkeit hochzuhalten, das ist der große Punkt dieses Stoffes.

In Ihrer Theaterfassung wird aus dem 11-jährigen Enkel eine 22-Jährige. Welche Konsequenzen hat das für das Stück?

Otto: Wir haben in dieser Spielzeit zwei Stücke auf dem Plan, in denen Kinder tragende Rollen spielen. Im Vorfeld für das andere Stück "Wenn ich du wäre“ habe ich gemeinsam mit dem Ensemble mit einem 14-jährigen Jungen probiert, um herauszufinden, ob es uns gelingen könnte, diese Rollen tatsächlich mit Kindern zu besetzen. Das Ergebnis war, dass es funktioniere könne, wir aber nicht die nötige Energie ohne Schauspielausbildung hinbekommen würden. So haben wir für beide Produktionen beschlossen, mit ausgebildeten Schauspielern zu arbeiten. Mit Farina Giesmann haben wir eine sehr jung und zart wirkende, frische, lebensfrohe Spielerin gefunden, die die Konflikte des Kindes Tilda überzeugend, ungezügelt und energievoll vertritt, ohne künstlich zum Kind zu werden.

Was sind die Stärken des Theaters, die gerade bei diesem im Film ja als betont flotte Komödie angelegten Stoff zum Tragen kommen sollen?

Otto: Anders als der Film, der als Roadmovie angelegt ist, fokussiert sich das Theaterstück auf Tilda und ihre Sicht der Welt. Das Autorenteam hat nicht die Dialoge des Films abgeschrieben, sondern sehr geschickt einen theatralischen Zugriff gefunden, der am Ende eine Collage der gemeinsamen Erlebnisse von Tilda und ihrem Großvater ausbreitet.

Fischer: Wenn es uns gelingt die Geschichte und ihre Figuren mit all ihren Einbrüchen, bei denen es ans Eingemachte geht, verantwortungsvoll auf die Bühne zu bringen, haben wir mit dem Liveerlebnis dem Film gegenüber eine viel größere Chance, die Menschen zu berühren.

K2

Kreuzstr. 29

76133 Karlsruhe

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