Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2016
Theater, Comedy, Show Theater und Show

 

60 Jahre Sandkorn

Brennen für das Theater

Es waren die kritischen, zeitgenössischen Stücke, mit denen das Sandkorn-Theater in den 60er Jahren weit über Karlsruhe hinaus Furore machte, nun feiert es mit „Pension Schöller“, einem ziemlich durchgeknallten Komödienklassiker das 60-jährige Bestehen.

Autoren wie Vaclav Havel, Fernando Arabal, später auch Rainer Werner Fassbinder, Samuel Beckett, Peter Weiss und Peter Handke standen in den frühen Sandkorn-Jahrzehnten für avantgardistisches und wagemutiges Theater am Puls der Zeit.

„Als wir einmal in der Tschechoslowakei mit Slawomir Mrozeks ‚Die Polizei‘ zu Gast waren, an dessen Ende der Sergeant ‚Es lebe die Freiheit` ausruft, bemühten wir uns, schnell aus dem Theater wegzukommen, weil wir befürchteten, dass die wirkliche Polizei auftauchen würde“, erinnert sich Siegfried Kreiner, der das Sandkorn 1956 aus der Jugendarbeit einer evangelischen Kirchengemeinde heraus gründete. Über die Jahrzehnte führte der Weg vom Hobbytheater über das dauerspielende Amateurkellertheater bis zur professionellen Bühne im ehemaligen Ofenhaus der Stadtwerke an der Kaiserallee: „Eines unserer Mittel zum Erfolg war es, immer wieder Stücke aufzugreifen, die auch das Publikum zur Kritik herausfordern. Dadurch sind wir schnell sehr bekannt geworden.“

Häufig funktionierte das Sandkorn damals für viele Menschen, die sich wohl nie über die Schwelle eines Staatstheater getraut hätten, als Türöffner in eine faszinierende Theaterwelt. Diese Aufgabe heute noch wahrzunehmen, ist schwieriger geworden und hat sich in mancher Hinsicht auch überlebt: „Damals waren die Strukturen der Stadt- und Staatstheater ja viel verkrusteter“, sagt Steffi Lackner, die seit 2010 das Sandkorn künstlerisch leitet, „heute haben sich diese Häuser nach vielen Seiten geöffnet und bieten zum Beispiel auch Angebote für junge Theatergänger und Jugendclubs.“ Das Kinder- und Jugendtheater und das Angebot von Jugendclubs, die eines der beiden Standbeine des Sandkorn-Theaters bilden, waren über lange Zeit in Karlsruhe exklusive Domäne der privaten Theater, insbesondere der Sandkörner.

Das ernsthafte Interesse an der gesellschaftlichen Teilhabe, das heißt unterschiedliche, auch kulturferne Gesellschaftsgruppen ins Theater zu holen, ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung, der sich das Sandkorn mit viel Enthusiasmus stellt. Dazu gehören aktuell die weitere Stärkung des Kinder- und Jugendbereichs durch Christian Theil als eigenständigem Leiter und Regina Berger als Theaterpädagogin, das weithin beachtete Inklusionstheater Die Sp!inner und der interkuturelle Theaterclub MIXIT! „Ich sehe dies als wirkliche Aufgabe an“, betont Lackner.

Die Grundlage für dieses Engagement freilich scheint seit Jahrzehnten dieselbe geblieben zu sein: „Es ist das enorme Brennen für das Theater, das Siegfried Kreiner und mich verbindet“, sagt die Theaterleiterin, „diese Lust, wichtige gesellschaftliche Themen spannend und unterhaltsam für die Theaterbühne aufzubereiten.“

Da nimmt es fast wunder, dass man an der Kaiserallee den runden Geburtstag in diesem Sommer ausgerechnet mit einem Komödienklassiker feiert: „Wir haben immer wieder auch unterhaltende Stoffe aufgegriffen“, sagt Lackner, „und das von Stefan Vögel kräftig modernisierte Stück passt hervorragend zu uns, nicht nur, weil auch in der Pension Schöller ein Jubiläum gefeiert wird, sondern auch weil das Stück ganz schön verrückt ist und sehr schwungvolle Unterhaltung mit toller Musik und unkonventionellen Dingen verknüpft.“

> Mi 20. - Sa 23. und Mi 27. bis Sa 30. Juli, jeweils 20.15 Uhr, So 31. Juli, 19 Uhr, Pension Schöller, Sandkorn-Fabriktheater, Karlsruhe, Kaiserallee 11

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