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Archiv: 09.2005
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Not macht erfinderisch

ironisch bis zynisch mit der Gegenwart

Stephan Waldscheidt war dreimal arbeitlos, wurde Schriftsteller und schrieb die Satire „Die Hartz-Krieger“.

Ganz so einfach ist es freilich nicht. Dennoch hat der 38-Jährige Karlsruher einen reichlich untypischen Werdegang. Der gebürtige Saarbrücker wollte Karriere machen. Jedenfalls studierte er erstmal Marketing und Personalmanagement und stieg in den sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“ ein.

Doch dann kam die große Krise. „Mein Chef machte die Firma von einem Tag auf den anderen dicht“, erzählt er. Waldscheidt ging also nach einer Weile zum Arbeitsamt, sagte: „Ich möchte Schriftsteller werden“ und beantragte Überbrückungsgeld. Der Papierkrieg hielt sich dabei in Grenzen. „Ich brachte ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers und war freier Schriftsteller.“ Natürlich schreibt Waldtscheidt schon seit vielen Jahren, ein Band mit Kurzgeschichten erschien 1999, wurde aber kaum beachtet.

„Neben einem Fulltime-Job ein Buch zu schreiben, ist etwas schwierig“, sagt der Wahl-Karlsruher, weshalb ihm die neue Situation gerade recht kam. Entstanden ist dabei naheliegenderweise: „Die Hartz-Krieger. Das finale Rettungsbuch für Deutschland und seine Arbeitslosen.“ (Gryphon-Verlag) Darin stellt Waldscheidt problematische Fragen, welche den Hartz-IV-Unsinn auf die Spitze treiben, etwa jene: „Darf eine Mutter ihr Kind abtreiben, wenn sie sicher weiß, dass es einmal arbeitslos sein wird´ Sollte man für solche Kinder überhaupt noch in die Ausbildung investieren´ Sollte man das Geld nicht lieber sparen und dem Kind geben, wenn es arbeitslos ist´“

Satire muss übertreiben, doch Waldscheidt ist sich darüber im klaren, dass viele Hartz-IV-Empfänger in Not wohl nicht über sein Buch lachen können. Geschrieben habe er die Satire jedoch keinesfalls mit Wut oder Hass: „Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, ein außenstehender Beobachter zu sein und die Distanz zu wahren.“ Jeder bekommt sein Fett weg: Politik, Wirtschaft, Arbeitsagenten, private Arbeitsvermittler, Arbeitsunwillige etc.

Klar ist Waldscheidt ein politischer Mensch, der die Kapitalismusdebatte wichtig findet und sich sicher ist, dass eine neue Regierung schnell einen hübscheren Namen für das Monstrum „Hartz-IV“ finden wird, doch für eine bestimmte Partei würde er sich nicht einspannen lassen.

Zwei weitere Satiren und ein Roman hat Stephan Waldscheidt „in der Pipeline“, und auch sie werden sich ironisch bis zynisch mit der Gegenwart auseinandersetzen, ein Buch wird wahrscheinlich Anfang 2006 erscheinen. Er hat in Zeitschriften, Anthologien und im Rundfunk veröffentlicht, und nun gilt es beharrlich weiterzumachen, denn sein Dasein als freier Autor gefällt ihm: „Auch wenn ich im Moment nicht viel verdiene.“ Not wird Stephan Waldscheidt wohl keine leiden müssen, denn er teilt das Schicksal vieler freier Autoren: Für den Lebensunterhalt sorgt zumindest vorläufig die Gattin. maske

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