Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2015
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OB Frank Mentrup

Imagewechsel und Wir-Gefühl

Für den Oberbürgermeister einer Stadt bedeutet ein Stadtjubiläum vor allem einen gnadenlosen Terminmarathon. Warum sich OB Frank Mentrup dennoch darauf freut, 100 Tage Geburtstag zu feiern, erfuhr Klappe Auf im Gespräch mit dem Stadtoberhaupt.


Herr Mentrup, sie stammen aus Mannheim, einer Stadt die vor wenigen Jahren ihren 400. Geburtstag feierte. Haben Sie damals mitgefeiert und was ist ihnen daran besonders in Erinnerung geblieben?

Frank Mentrup: 2007 war für mich ein Jahr großer persönlicher Umbrüche, wir sind damals nach Karlsruhe gezogen und meine Frau übernahm eine neue Stelle in München. So hatte ich nicht viel Möglichkeit mitzufeiern. Aber mir sind vor allem drei Dinge haften geblieben: Mannheim hat sich mit dem Stadtgeburtstag sehr intellektuell und ästhetisch beschäftigt, es fehlte ein großer Paukenschlag zu Beginn und es gab Kritik daran, dass die Stadtteile mit ihren Identitäten nicht stärker eingebunden worden waren. Daher war ich ganz begeistert, dass die Karlsruher Konzeption, die ja vor meinem Amtsantritt fest stand, in allen drei Punkten andere Antworten gefunden hatte.

Wenn Sie heute aus dem Rathaus treten, ist ihnen angesichts der derzeit wenig vorzeigbaren Innenstadt zum Feiern zumute?

Mentrup: Es gibt tatsächlich einige Ecken, die derzeit nicht sehr vorzeigbar sind. Der Marktplatz gehört sicherlich dazu, auch wenn er zum eigentlichen Beginn der Feierlichkeiten zumindest halbwegs fertiggestellt sein soll. Trotzdem ist mir zum Feiern zumute, weil es ja viele andere Stellen wie den Schlossvorplatz mit der neu renovierten Schlossfassade oder die zahlreichen anderen schönen Plätze der Stadt gibt, die man gut vorzeigen kann. Man wird eine boomende Stadt nie ohne Baustellen vorfinden, da dürfte man ja nie feiern.

Welche Funktion im Leben einer Stadt kann ein Stadtgeburtstag im besten Falle einnehmen?

Mentrup: Ein Stadtgeburtstag ist ein Zeitpunkt der Rückbesinnung. In Karlsruhe finde ich es besonders spannend der Frage nachzugehen, wie es gelang, bei einer Bevölkerung, die zu 60 Prozent nicht hier geboren ist und einer anhaltenden Fluktuation, so etwas wie ein Stadtgefühl zu entwickeln und am Leben zu erhalten. Der Stadtgeburtstag bietet in diesem Sinne Gelegenheit zur Selbstvergewisserung und zum Feiern in der großen Lust auf das, was hier noch zu gestalten und zu erleben ist.

15 Millionen Euro, mehr als 500 Veranstaltungen in 100 Tagen. Wäre es nicht auch eine Nummer kleiner gegangen, fragen sich viele Karlsruher angesichts klammer öffentlicher Kassen. Was entgegnen Sie?

Mentrup: Dies ist der erste runde 100er-Geburtstag, der in Friede und Wohlstand und mit einem guten Blick auf die Zukunft gefeiert werden kann. Da halte ich die Größe von 15 Millionen für nicht zu hoch, sondern passend und angemessen. Natürlich wäre es auch kleiner gegangen, aber ich wüsste nicht, wo man hätte Abstriche machen wollen, ohne die Vielfalt von den Stadtteilprojekten bis zu den zentralen Höhepunkten zu beeinträchtigen. Der Mehrwert wird ein vielfacher sein, das lässt die bisherige Resonanz erkennen.

Welcher Aspekt der Karlsruher Stadtgeschichte sollte Ihrer Meinung durch den Stadtgeburtstag als beispielhaft und zukunftsweisend vermittelt werden?

Mentrup: Die Erfolge der Karlsruher Stadtgeschichte hängen vor allem mit der Offenheit zusammen, mit der man hier Menschen, die vielfach gar nicht aus Karlsruhe stammen, Freiräume bietet, sich zu entfalten, neuen Ideen nachzugehen und Entwicklungen anzustoßen, auch wenn nicht absehbar ist, ob diese zu einem guten Ziel führen. Dies hat vielleicht mit der Jugend dieser Stadt zu tun und ist auf alle Fälle beispielhaft und zukunftsweisend.

1965 hatte Karlsruhe als großes Highlight seiner Jubiläumsfeierlichkeiten ein frisch renoviertes Schloss und eine Bundesgartenschau, die das Stadtbild an mehreren Punkten nachhaltig prägte. Was soll von KA 300 die kommenden Jahrzehnte überdauern?

Mentrup: Neben einigen baulichen Veränderungen wie dem Landschaftspark Maxau oder dem neuen Exotenhaus des Zoos sollten dies vor allem ein stärkeres Wir-Gefühl der Karlsruher, ein bisschen mehr Stolz und weniger Bescheidenheit sein. Es wäre schön, wenn Karlsruhe durch diesen Sommer den Imagewechsel von der Residenz und Beamtenstadt zum quirligen und kreativen Zentrum schaffen würde. Jede und jeder wird in dem umfangreichen Jubiläumsprogramm sein Highlight finden, und am Ende werden alle vom Geburtstag und dem Wir-Gefühl begeistert sein.

Vor einem Jahr hatte der Stadtgeburtstag ein miserables Image, dann haben Sie einige Weichen gestellt. Ohne, dass sich das Programm umfassend geändert hätte, scheint es, als würden sich die Karlsruher mittlerweile auf die Feiern freuen. Was hat sie Ihrer Meinung nach vor allem überzeugt?

Mentrup: Sicherlich hat die Zeit für eine zunehmende Vorfreude gearbeitet, denn wir haben ja bereits im Januar festgestellt, dass über 10.000 Menschen irgendwie an der Vorbereitung beteiligt sind. Dies beflügelt ja auch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl. Wesentlicher aber scheint mir, dass alle vom KA-300-Team über die Politik bis zu den Kulturschaffenden von einer Begeisterung sind, die sich auf die Bürgerinnen und Bürger überträgt.
- jf